Freitag, 5. Januar 2024

Letzter Klettertag

Gute Nacht gehabt auf dem einsamen Stellplatz, Autos waren auf der kleinen Straße keine unterwegs, soweit ich es mitbekommen habe. Ich hatte einen Traum, in den ich eingreifen konnte, das gefällt mir. Im Traum hatte ich eine Jacke an, unter die es mir an die Nieren zog, und irgendwann fiel mir ein: "Ich träume doch, dann könnte die Jacke doch länger sein!" Und kurzerhand träumte ich sie zu einem knielangen Mantel und es zog nicht mehr.

Morgens weckten uns die Sonnenstrahlen durch die Fenster, das war schön. Ein dünner Mond stand dazu noch am Himmel. Ich beantwortete erst einmal einige Nachrichten von Freund:innen, die mich sehr gefreut hatten, in der Hoffnung, dass die im Laufe des Tages ihren Weg zu ihnen finden würden - an diesem Stellplatz war nämlich Edgeland.

Gerade lese ich ein Buch, bei dem ich mir immer noch nicht ganz sicher bin, wie es mir gefällt. Mittlerweile habe ich die Hälfte durch, jetzt lese ich es auch noch bis zum Ende, obwohl ich zu der Fraktion gehöre, die Bücher aufhören kann zu lesen, wenn sie mir nicht gefallen - Regeln gibt's aber natürlich trotzdem, mindestens 60-100 Seiten "muss" ich lesen; wenn mir das Buch dann immer noch nicht zusagt, lese ich den Schluss und erst wenn der auch nicht taugt, wird es aufgegeben. Momentan lese ich im e-Reader, und der bietet da einige Nachteile. Erstens mag ich ganz gerne wissen, wie dick ein Buch eigentlich ist. Das aktuelle "Alphabet bis S" hatte ich aufgrund des Titels irgendwie eher als kurze Novelle eingeschätzt, in einer Rezension dann gelesen, es sei ein "600-Seiten-Wälzer". Zudem kann ich im Reader nicht so einfach springen, um mal den weiteren Verlauf des Buches anzutesten oder ein paar langweilige Seiten einfach auszulassen. Unbefriedigend, irgendwie; aber gerade auf Reise schätze ich die Vorteile, nicht kiloweise Papier mittragen zu müssen und auch bei Dunkelheit neben dem schlafenden Prinzen lesen zu können.

Vielleicht machte es die wunderschöne Umgebung, in der Stille, nur unterbrochen von Vogelgezwitscher, im Liegestuhl in der Sonne, dass mich die Handlung heute endlich zu interessieren begann. Eine halbe Stunde hatte ich Zeit zu lesen, bevor uns der Tatendrang packte und wir zum Felsen aufbrachen.

Der Weg zum La Similar, der im Topo mit 10 Minuten angegeben war, war tatsächlich sicher 20 Minuten lang. Und wir machten dreimal 20 Minuten daraus, weil wir uns erstmal verliefen, weil jemand nicht ins Topo schauen wollte, wir deswegen den ganzen Weg zurückgingen, den richtigen fanden und dann, am Fels angekommen, jemand anderes das Wasser vergessen hatte und nochmal zurück zum Van sprintete, um einige Flaschen zu holen. Es war nämlich heute so heiß, dass selbst die Eidechsen aus ihrem Winterschlaf erwachten und alle paar Meter vor uns davonhuschten, definitiv viel zu heiß, um mehrere Stunden ohne Flüssigkeit in der Sonne am Fels zu verbringen. Ich begrüße bei dieser Gelegenheit, dass das Deutsche zumindest beim Wort "jemand" kein Geschlecht kennt und die Schuldfrage ungeklärt bleiben darf.

Es war viel zu heiß zum Klettern. Mir klappte fast der Kreislauf zusammen, als ich in das erste Mal in eine Route einstieg. Trotzdem nahm ich die wunderschöne 6b+ mit und versuchte mich später sogar noch in der daneben liegenden 6c+, aber das war heute zu hart für mich. Zwei Drittel hängte ich onsite hoch, dann baute ich an einem engen Haken um, in dem beim Abziehen prompt das Seil hängenblieb. Netterweise schubste es die Seilschaft raus, die in der Route nebenan unterwegs war. Dieselbe, die dem Prinzen zuvor in der Wand schon mit fehlenden Exen ausgeholfen und mir meine Jacke angereicht hatte, als mir beim Sichern im Schatten gänsehautkalt wurde. Die müssen uns für ein echtes Chaotenpärchen halten, das wir ja eigentlich gar nicht sind...

Als wir uns ausgeklettert hatten, starteten wir auf den Weg zurück nach Hause. Zuerst mal durch eine Tankstelle, in der wir versehentlich in die "Mit Bedienung"-Reihe gerieten und 20ct mehr pro Liter Diesel zahlten (wer zahlt das freiwillig, nur damit man den Tankrüssel in den Tank gesteckt bekommt?), aber dann immerhin ein interessantes Schauspiel mit dem AdBlue-Kanister geboten bekamen, den die Tankwärtin offensichtlich selbst im Baumarkt gekauft hatte, aus dem hintersten Eck einer verrümpelten Garage zog und mit einem Schraubenzieher und viel Kraft öffnete. Dann durch die fast schon obligatorische Stunde Stau vor Finale Ligure und dann... lagen nur noch die restlichen 750 km Fahrt vor uns.

Rotpunkt:
La Similar, Alcanfor (6b+)

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