Immer wieder wache ich mit richtig schlechtem Körper auf, mit Kopfschmerzen, verschnupften Nebenhöhlen, völlig groggy. So auch heute. Ich kann es mir nicht erklären.
Der Vormittag verging schnell und mit Emsigkeit. Das "Seminarzimmer" für morgen wurde richtig einladend und ist nun, im Rahmen der Möglichkeiten, komplett ausgestattet. Dass wir dafür das Sofa an einen anderen Ort verschieben mussten, inspirierte den Prinzen dazu, den Boden nicht nur ordentlich zu saugen, sondern auch noch feucht mit Holzpflege durchzuwischen. Ich bin froh, dass ich mit der Planung des gesamten Trainings früh angefangen habe, denn neben dem Inhalt war auch die Organisation aufwändig.
Der Prinz wirbelte durch die Küche, ich schrieb ein Protokoll zu dem Fassadentreffen gestern, immer bemüht um Konkretheit und Unparteilichkeit.
Es gab noch eine Absprache für das Geschenk fürs Geburtstagskind am Abend, dann stiegen wir auf die Räder und fuhren in die große Stadt zur Demo gegen rechts. Es war die erste gemeinsame Ausfahrt mit Gravelbikes, und das Wetter dazu war herrlich. Knackig kalt, aber mit strahlender Sonne. Bei der Hinfahrt froren wir nur ein wenig, aber dann angekommen stellten wir die Räder ab und reihten uns ein in den riesigen Menschenstrom, der sich nur langsam bis gar nicht bewegte (es war eine Kundgebung, kein Demomarsch) und da wurde es schnell kalt.
Viele, viele waren da. Die Mehrheit, die normalerweise schweigt, weil wir ja im Grunde einverstanden sind mit den Dingen, mit der Demokratie, mit dem Frieden, in dem wir leben. Auch damit, dass es Politiker:innen gibt, die sich den Kopf zerbrechen müssen, wie sie Dinge regeln, von denen die meisten und auch ich nur eine sehr oberflächliche Idee haben.
Es waren so viele, dass ich anfangs richtig schlucken musste vor Begeisterung, dass sich so viele die Zeit genommen hatten, und es fühlt sich nach Hoffnung an: Immer noch hoffe ich, dass es die ganz große Mehrheit ist, die sich
gegen Rechts stellt und dass wir etwas bewirken können. Wir trafen Freund:innen mitten in der Menge, zufällig standen sie fast da, wo auch wir standen; hätten wir uns verabredet, hätte das sicher nicht so gut geklappt. Die waren mit der S-Bahn gekommen und erzählten uns, dass doppelt so viele Menschen die S-Bahnen zur Demo hatten nehmen wollen, als einsteigen konnten, es wären also noch mehr Menschen gerne gekommen. 25.000, stand später in den Nachrichten, wenig ist das nicht.
Ganz ehrlich: Ich hätte die Zeit eigentlich gebraucht, um nochmal mein Training in Ruhe durchzugehen, oder zumindest noch eine Stunde zu schlafen, denn ich war völlig zermatscht. Aber es war so richtig, zur Demo zu gehen und Masse zu machen.
Bei der Heimfahrt, immer noch mit herrlicher Sonne, wurde uns auf den Rädern ordentlich kalt und die Idee, zu Hause in die Sauna zu gehen, lag auf der Hand. Ich legte mich sogar direkt nach dem Anschalten mit Kleidung hinein und genoss die steigende Temperatur, die bei Zimmertemperatur begann und allmählich deutlich wärmer wurde. Natürlich bin ich dann raus, bevor ich - komplett angezogen - zu schwitzen begann. Nach dem reptilienhaften Aufwärmen war ich dann auch wieder klar genug im Kopf, um noch weiter an der Trainingsvorbereitung für morgen zu arbeiten. Der Prinz machte derweil einen veganen Mandarinen-Schmandkuchen fertig und wir mussten uns beide sehr zusammennehmen, um nicht gleich hineinzubeißen. Ich bin überrascht, wie wenig Umstellung es erfordert, einen Monat vegan zu essen. Bis auf Kleinigkeiten lebe ich mittlerweile schon lange versehentlich vegan... Außer lustigerweise auf der Feierlichkeit beim veganen Geburtstagspaar heute Abend, da war nämlich zu wenig vegane Pizza für alle da.
Ich habe in den letzten Tagen viel positive Rückmeldung zum und Vorfreude auf mein Training bekommen und freue mich auch selbst richtig drauf. Leider lud ausgerechnet heute, am Vorabend, eben der vegane J. zur Geburtstagsfeier ein - "leider" deswegen, weil ich mich vernünftigerweise um zehn verabschiedete, um mich vor dem großen Tag gut auszuruhen. Es war eine so angenehme Stimmung dort, alle anderen Gäste so nett und mit spannenden Geschichten (und es gab extra speziellgutes alkoholfreies Bier für mich), dass ich gerne noch länger geblieben wäre. Der J. wollte mich mit einem Virgin Gin Tonic locken, der I. veräppelte mich ausgiebig, aber ich blieb standhaft und ließ mich nicht mal mehr von der S. schocken, die wissen wollte, ob ich denn jetzt noch was vorbereiten würde. Nein! Der Schlaf ist meine Vorbereitung.
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