Eine Zeitumstellung der anderen Art bedeutet auch das temporäre Zusammenleben mit den Schwiegereltern. Schon erstaunlich, wie sehr man alleine und als Paar einen Rhythmus entwickelt und zementiert, der einer gar nicht als solcher bewusst ist. Erst beim Zusammenleben mit anderen Menschen fällt mir auf, wie sehr ich unsere Routinen verinnerlicht habe. Vieles geht schneller oder langsamer, als ich es gewohnt bin, jedenfalls anders, wieso gibt es noch vor dem Kaffee den ersten Obstsalat und wieso dauert es eine Stunde vom Beschluss, spazieren zu gehen bis zum Aufbruch?
Ich merke, dass ich schon ganz schön festgefahren bin in meinen Routinen und lasse mich mit der anderen Zeit hier treiben, mache Yoga, wenn ich Leerlauf habe, sorge dafür, dass ich fertig angezogen bin, wenn die anderen aufbruchbereit sind, denke daran, mir etwas zu essen zu besorgen, wenn das Mittagessen wegen anderweitig fehlenden Hungers ausfällt.
Die S. hat mir einen tollen Yogaflow geschenkt, den ich gerne bald auswendig können möchte: Den Mondgruß, ein Flow ohne Bizepsbelastung, genau das, was ich gerade brauche.
Das Frühstück zog sich über Geplauder und ausgiebigem Sattessen bis in den späten Vormittag, unseren Ausflug in das Naturschutzgebiet, das nur deswegen ein Naturschutzgebiet ist, weil dort werktags das Militär schießen übt - gruselig - verschob sich bis nach einem heftigen Regenschauer. Dann marschierten der Prinz, sein Vater und ich aber los in den Wald und in das herrliche Herbstzauberland hinein. Wir haben vor, jeden Tag hier gemeinsam ein bis zwei Stunden an die frische Luft zu gehen, da wollten wir nicht gleich am ersten Tag am Wetter scheitern. Ich musste an den kleinen L. denken, der keine Sekunde gezögert hatte, bei drohendem Regen trotzdem mit dem Rad loszufahren und damit Recht behalten hatte: Wir hätten eine sehr gute Zeit nicht gehabt, wären wir zuhause geblieben. Also packten auch wir drei heute die Regenjacken ein, zogen die Wanderstiefel an und gingen los. Erstes Ziel war eine Erinnerung, wie das oft so ist bei Heimatbesuchen, und zwar ein Ort, den der Prinz und sein Vater in jungen Jahren - also nicht gemeinsam, sondern in den jeweils jungen Jahren - öfters besuchten, um auf die Stadt zu blicken, Verbotenes zu tun und Abenteuer zu erleben. Der Ort war früher ein Turm mit Ausblick und ist jetzt das Fundament eines Turms im tiefen Wald, und nach den Erzählungen der Prinzenfamilie stelle ich mir Menschenschlangen vor, die am Turm anstanden, um Verbote zu übertreten und Abenteuer zu suchen. Ausblicke auf die Stadt fanden wir dann später, auf dem weiteren Verlauf des Waldweges, Wildschweinspuren zuhauf auch und Glück hatten wir obendrein, denn wir wanderten 1,5 Stunden trocken herum, erst bei der Heimfahrt im Auto kam der Regen zurück.
Wieder im Haus angekommen gab es Kuchen an Tantenbesuch, und diese brachte neben ihrer Menschenfamilie auch den neuesten tierischen Zuwachs mit, das Labradoodlebaby Yuna. Die muss noch rundumbetreut werden, so klein ist sie, wuselte aber glücklich unter der Kaffeetafel herum und führte bereitwillig neu erlernte Kunststücke vor. Es drehte sich also viel um Yuna, aber des Prinzen Tante war auch angemessen interessiert am Van Norbert, den sie noch nicht kannte, gab Insidertipps zu nahenden Geburtstagsgeschehen und verdarb uns mit unappetitlichen Anekdoten gründlich die Lust auf einen Besuch in der nahen Therme.
Es wurde früh dunkel heute (Ach was! Ungefähr eine Stunde früher als gestern...) und bei dem regnerisch-kalten Wetter lockte die Sauna, die es hier glücklicherweise auch gibt. Klar, ist ja das Herkunftshaus des Prinzen, undenkbar ohne Saunagelegenheit. Die gab uns nach einem Tag mit allem - Yoga, Wandern, Kuchen, Hundebabys - den Rest und wir schafften gerade noch so den Tatort vor dem Insbettfallen.
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