Freitag, 20. Oktober 2023

Friseurinnenbesuch

Es wird ganz schön schnell ganz schön spät erst hell. Heute wachte ich um 7 bei völliger Dunkelheit auf, ich habe mich nochmal umgedreht und ganz fest versucht, wieder einzuschlafen, das hat zum Glück geklappt. Beim richtigen Aufwachen um halb neun war ich für den ersten Kaffee gänzlich ausgeschlafen.

Der Vormittag verging mit Backen und Kochen, leider hatte ich dabei kein glückliches Händchen: Die Apfelschnecken-Kreation hielt nicht gut zusammen, es sind eher einzelne Apfel-Heferinge, und bei der Spitzkohl-Lasagne schmeckt die Béchamel viel zu viel hervor. Dann war es eh schon Zeit, zum Haareschneiden zu fahren.

Bei der Friseurin saß eine Dame neben mir, die wunderschönes weißes Haar hatte und offensichtlich immer freitags zum Waschen und Legen kommt. Gibt es das also in Deutschland doch auch, ich kenne es nur aus Madrid, dass man sich regelmäßig vom Friseur frisieren lässt, da wohnte ich einige Jahre gegenüber einem Friseursalon, in den freitags und samstags immer die Damen zum Legen strömten. Bei mir wurde nicht gelegt, aber gewaschen, geschnitten und geföhnt. Das Waschen und Föhnen könnte man meinetwegen auch weglassen, aber immerhin finde ich mich inzwischen damit ab, bis vor ein paar Jahren war mir besonders das Haarwaschen unerträglich. Zum einen mag ich es ja schon mal nicht nass, zum anderen lasse ich mir ungern von fremden Menschen an den Kopf fassen, und wenn dann auch noch Conditioner oder irgendeine Pflege in die Haare kommen und die quietschen, brrr, allein beim Gedanken daran läuft mir eine Gänsehaut über den Rücken.

Mit meiner Friseurin, der S., bin ich mittlerweile übereingekommen, dass ich nur ein möglichst neutrales Shampoo in das Haar bekomme, sonst nichts. Das Föhnen mit Rundbürsten, Wicklern und in einzelnen Strähnen lässt sie sich nicht nehmen, aber immerhin macht sie mir hinterher keine Produkte mehr in die Haare, die mir dann im Fahrradhelm kleben bleiben und außerdem meiner Umwelt ein gänzlich falsches Bild davon vermitteln, wie ich am nächsten Tag nach einmal schlafen und einmal Haarewaschen aussehen werde. Nicht, dass meine Umwelt da groß Notiz davon nimmt, aber, nun ja, ich halt.


Bei der S. liegen im Salon zwar Klatschzeitschriften aus, die ich mangels anderer Gelegenheit auch gerne mal durchblättern würde, aber selbst wenn ich meine Nase in eine hineinstecke, redet die S. mit mir. Naja, sie ist eine Nette, die auch gern von sich selber erzählt, wenn man sie fragt, zudem komme ich schon seit fast zehn Jahren zu ihr und dadurch kennen wir uns ein bisschen, und so plätschern unsere Gespräche zwanglos dahin, ohne dass ich tief in den Smalltalk-Topf greifen muss. 

Zu Hause verzweifelte ich eine halbe Stunde lang an der Welt und an mir selbst. Erstmal konnte ich meine Uhr so sehr nicht finden, dass ich schon J. in Verdacht hatte, sie absichtlich vor mir versteckt zu haben, um zu testen, ob sie mir wichtig genug ist, das zu bemerken. Sie ist mir wichtig genug, aber J. hatte mit ihrem Verschwinden natürlich nichts zu tun, sondern ich hatte sie gestern an einem völlig abwegigen Ort abgenommen und dort vergessen. Und dann ließ sich die Strecke, auf der ich mit dem Fahrrad am Abend zum Quintett-Termin fahren wollte, einfach nicht vom Computer auf das Navi laden. Nachdem alle Versuche über WLAN und Bluetooth und IQ Connect gescheitert waren, habe ich am Ende das Ding per Kabel an den Computer angesteckt und die GPX-Daten draufkopiert, bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt, basta. Ich bin also wie ein Rumpelstilzchen fluchend durch die Wohnung getobt, dann habe ich mich eine halbe Stunde ins Bett gelegt und die Augen zugemacht und dann gings wieder.

Die 25 km lange Fahrt mit J.s Gravelbike mit den dicken Reifen war herrlich. Ich habe genau die eine Stunde abgepasst, in der die Sonne hinter den Regenwolken hervorkam, der Kanal war gesäumt von prächtigen Herbstbäumen, es war so warm, dass ich nach kurzer Zeit die Jacke auszog und im T-Shirt weiterfuhr. Die Rückfahrt war genauso schön, wenn auch ganz anders, denn spätnachts war es am Kanal stockdunkel, wirklich so dunkel, dass man nur die drei Meter Weg sieht, die das Fahrradlicht vor dem Rad ausleuchtet. Nun ist der Weg größtenteils schnurgerade, aber das Wissen, dass rechts eine steile Kante und dahinter dunkles, kaltes Kanalwasser ist, macht es schon spannend... Ich bin froh, dass ich für den Rückweg einen etwas kürzeren Weg gewählt habe, denn nachts fahren ist durch die höhere Konzentration anstrengender als tagsüber.

Für den Quintett-Termin zwischen Hin- und Rückfahrt haben wir uns dieses Mal mehr Zeit genommen als sonst, zuerst ein ausgiebiges gemeinsames Essen und Auf-den-Stand-bringen, danach intensives Üben und Zusammensetzen des Stückes. Es hat sich sehr gelohnt, meine Stimme viel zu üben, denn ich hatte so viel Freude wie noch nie vorher beim Spielen des Stückes. Den 1. Satz kriegen wir allmählich tatsächlich anhörbar hin, und ich bin zuversichtlich, dass ich meine Huddelstellen noch sauber bekommen könnte.

Ich war sogar noch vor Mitternacht zuhause. 

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