Samstag, 7. September 2024

Nur zuhause ist schöner als Venedig!


Die M.eistgeliebte Nichte war in diesem Urlaub zum allerersten Mal in Venedig und wurde deswegen von verschiedenen Seiten gezwungen, den Markusplatz zu besuchen. Da sie Menschenmassen ebenso unangenehm findet wie ich, hat sie sich bereiterklärt, heute früh um 7 aufzustehen und gemeinsam mit mir auf dem Vaporetto dorthin zufahren, um vor dem großen Ansturm auf dem Markusplatz zu stehen. Die M.eistgeliebte Nichte ist aber auch 15 Jahre alt, und dieser Tagesstart zu nachtschlafener Zeit (im Urlaub!) hat sie für den Rest des Tages außer Gefecht gesetzt. Aber: Es gibt jetzt ein Beweisfoto, dass wir wirklich in Venedig waren. (Die Beweiskräftigkeit des Fotos wurde aus Familienkreisen angezweifelt. Es sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefälscht, denn es fehlten die Menschenmassen.)

Der Platz war wirklich nicht so besonders beeindruckend, mit Ausnahme der Basilika, hiermit ist er aber nun für die Nichte und auch für mich ein für allemal abgehakt. 

Wir schlenderten durch die Stadt zurück zum Apartment und hatten dort genug Zeit zum Packen und um uns für die Heimreise fertig zu machen. Dan rollkofferten wir in Richtung Vaporetto und jetzt, im letzten Moment, wurde ich doch noch schwach und ein Souvenir-Glasfisch wanderte in meinen Rucksack. 

Die Mitreisenden waren mit meinem Vorschlag einverstanden, vor der Abreise eine große Runde mit dem Vaporetto zu drehen, also stiegen wir in die "falsche" Richtung ein, blieben an der Endstation Lido einfach sitzen und fuhren wieder zurück bis zum Bahnhof. Viel reden konnten wir nicht, denn der Wind und das Meer brausten, aber wir saßen auf unseren Wunsch-Sitzplätzen draußen mit Ausblick, und was in den vergangenen fünf Tagen noch nicht besprochen wurde, würde auf der letzten Vaporettofahrt auch nicht mehr besprochen werden. Die Fahrt dauerte ziemlich lang, nämlich 90 Minuten, und jede Minute war schön und schließlich wollte das Vaporetto-Ticket amortisiert werden. 

So kam es, dass wir bei der Ankunft am Bahnhof gar nicht mehr viel Zeit herumzukriegen hatten. Verpflegung gekauft (wir könnten jederzeit verhungern auf der Reise!), Mittags-Pizza verspeist (erstaunlich gut für einen Bahnhofs-Snack) und zunehmend ungeduldig auf die Tafel mit den Abfahrtszeiten gestarrt, bis 15 Minuten vor Abfahrt endlich das Gleis angezeigt wurde. Massenwanderung nach Gleis 7, abrupt gestoppt vor verschlossenen Türen, die noch mehrere Minuten geschlossen blieben und mich zunehmend nervös machten. Aber sie gingen rechtzeitig auf, die M.eistgeliebte Nichte und ich fanden beste Plätze in einem Vierersitz mit Tisch, und der Zug fuhr pünktlich ab.

Nun hatte sich die M.eistgeliebte Nichte ja den ganzen langen Vormittag auf den Zug und den Schlaf darin gefreut, vor der Abfahrt aber unvorsichtigerweise einen großen Becher Kaffee getrunken. Ich versuchte sie mit Kartenspielen müde zu spielen (bzw. sie sich selbst, wie alle wissen, die mich auch nur flüchtig kennen, spiele ich nicht gerne, nichts, keine Karten, kein Brettspiel, und meist enden solche Versuche unglücklich). Nun, ich benahm mich. Verlor mehrfach mit Würde und konnte mich kurz vor Verona mit Lese-Notwendigkeit aus dem Spiel entschuldigen, die Nichte musste sich aber anderweitig weiterbeschäftigen, denn die Müdigkeit wollte sich einfach nicht einstellen.

Der Zug war relativ voll, aber moderner als der auf der Hinfahrt, mit halbwegs okayen Toiletten. Hieß, dass ich mich mit dem Trinken nicht so zurücknehmen musste wie auf der Hinfahrt und schon nach fünf Stunden meine Flasche leer hatte. Ich hätte mir gerne eine Limo nachgekauft, aber nach einer Wanderung an das Ende des Zuges gegen die Fahrtrichtung, wo das Bistro nicht war, und einer weiteren Wanderung an das andere Ende des Zuges, wo es war, aber mit einer langen Schlange, gab ich das Vorhaben auf. Die Wanderung hatte einen komödiantischen Touch, weil ein ebenfalls Bistro-Suchender zuerst vor mir herschwankte (wegen der Zugbewegung), dann drehten wir um und ich schwankte vor ihm her, beide immer professioneller werdend bei der Handhabung der drei bis fünf unterschiedlichen Zwischentür-Öffnungs-Systeme.

Ich war müde, konnte aber nicht schlafen, nach Hörbuch und Buch war ich sogar so weit, dass ich eine weitere Runde Karten mit der Nichte spielte. 

Wir waren in der ersten Station des Zuges eingestiegen und stiegen bei der letzten Station in München mit zwei Minuten Verspätung aus, und sofort ging der übliche DB-Wahnsinn los: Zug verspätet, Alternativzug verspätet, welcher fährt wohl zuerst? Niemand weiß es; Zug noch mehr verspätet, Zug fällt aus. Ich wäre allmählich wirklich gerne nach Hause gekommen. Immerhin war auf diese Weise genug Zeit, mir am Automaten eine Limo zu ziehen.

Letztlich entschieden wir uns dafür, in denjenigen ICE einzusteigen, der zumindest schon am Bahngleis stand und darin die Verspätungszeit auszusitzen. Und sobald ich diese Entscheidung getroffen hatte, ließ ich mich darauf ein, dass wir eben jetzt warten, solange wir warten, und irgendwann waren wir dann auch zuhause. Und die Eltern, die die Nichte abholten, brachten mich netterweise sogar noch mit dem Auto nach Hause, wo der Prinz bereits wartete. Schön!

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