Es ist wieder der 5. des Monats, und Frau Brüllen fragt: Was machst du eigentlich den ganzen Tag (WMDEDGT)?
Nachdem ich fünfmal aus leichtem Schlaf aufgewacht und wieder weggedöst bin, gebe ich meinem Körper schlechtgelaunt nach und wache auf. Na, war eh Zeit. Seit längerem stelle ich mir keinen Wecker mehr und habe bisher noch nie verschlafen. Zum Teil deswegen, weil der Prinz fast immer vor mir aufstehen muss, zum Teil wohl auch, weil ich eh nicht urfrüh aufstehen muss: spätestens 7:30, das kriege ich auch ohne mechanische oder menschliche Wecker hin.
Zurzeit kann man morgens im Schlafzimmer nicht lüften, weil sonst gefrorener Schnee ins Zimmer krachen und in den Fensterrahmen rutschen würde, so dass man die Fenster zwar öffnen, aber nicht mehr schließen kann (für Sie getestet). Ich freue mich auf ausgiebiges Lüften, sobald der Schnee abgetaut ist!
Ich will für ein Telefonat pünktlich im Büro sein und breche angesichts der winterlichen Straßenverhältnisse früh auf. Ohne Yoga, aber mit Armtraining. Ich biege testhalber auf die Nebenstraße ein, durch die mein Weg ins Büro normalerweise verläuft, aber: nein, mit dem Schneebelag ist das Fahrradfahren hier zwar möglich, aber gefährlich. Ich nehme die Route über die Hauptstraße, das tue ich nur dann, wenn das Wetter wirklich nichts anderes zulässt, denn nicht nur brettern die Autos ohne Sicherheitsabstand an mir vorbei, sondern die Ampelschaltung ist auf 50 km/h ausgerichtet, so dass ich mit dem Rad vor jeder einzelnen Ampel bei Rot hängenbleibe. Das Stop-and-go nervt, außerdem bin ich viel! zu! warm! angezogen, die maximale Winterkleidung T-Shirt/Hoodie/dünne Daunenjacke/Softshelljacke/Warnweste ist zu viel für den sonnigen Wintertag.
Trotz aller Ampeln und anderer Hindernisse bin ich so früh dran, dass ich für einen kurzen Schwatz mit der B. stoppen kann, die ich im verschneiten Wiesengrund bei strahlender Sonne mit ihrem Labrador antreffe. Sie ist auf dem Weg zu einem Termin mit der Rentenversicherung zur Kontenklärung, und ich werde mal die Ohren offen halten, denn sie hat eine ähnliche spanische Arbeitsgeschichte wie ich und es ist unklar, ob und wie wir an Rente für die spanischen Arbeitsjahre kommen. Die B. ist mir aber ein paar Jahre voraus und erfährt es vielleicht noch, bevor es für mich relevant wird.
Im Büro als Erstes ein informatives Gespräch mit einer Kollegin, dann ein Spaziergang zur Autowerkstatt: Der Dienstwagen hat jetzt Winterreifen und ich fahre ihn zurück ins Büro. Dort ist gerade noch Zeit für einen Espresso, dann müssen wir schon wieder los zu einem Termin der Chefin, zu dem ich sie fahre. Während sie im Termin ist, verpacke und verschicke ich ein lang überfälliges Paket ans Tantchen und freue mich auf ein Sandgebäck aus der Bäckerei gleich neben der Packstation, aber Sandgebäck ist aus und auf etwas anderes habe ich keine Lust. Da hungere ich lieber, bis wir wieder im Büro sind, wo ich endlich mein Müsli frühstücken kann, obwohl es schon längst nach Mittag ist.
Das Gespräch mit der Kollegin und ein anderes mit dem Tantchen haben einige neue Punkte auf meine To-do-Liste für die Arbeitssituation nächstes Jahr geschrieben, und ach, es ist viel zu tun dafür. Beim Warten auf die Chefin recherchiere ich diesbezüglich herum und bin froh, dass im Dienstwagen ein Handyladekabel liegt - mein Handyakku hat, wohl wegen der Kälte und weil er nachts nicht am Kabel hing, die Grätsche gemacht und sich blitzentladen.
Beim Warten ist mir ein wenig langweilig, danach geht alles viel zu schnell, denn bis wir wieder im Büro sind, ist es halb zwei und die Chefin muss gleich wieder weg. Wir erledigen mit Hochdruck, was dringend gemeinsam erledigt werden muss, dann versuche ich, auch den Rest noch konzentriert wegzuarbeiten, denn ich möchte heute früher als sonst aus dem Büro. Nebenbei mache ich noch zwei weitere Postsendungen fertig und habe dieses Thema endlich aus dem Kopf. Ich mache so früh wie geplant Schluss. Das ist gut, denn so fahre ich sogar noch bei Tageslicht los nach Hause. Der Schnee auf den Straßen und Wegen ist über den Tag weggetaut und so kann ich meine übliche Route abseits der Autostraßen fahren.
Zu Hause erwartet mich der Prinz, ihm ist sehr kalt, deswegen wird er mit einer heißen Dusche, heißem Pfefferminztee und einer Wärmflasche aufgewärmt. Wir lungern gemeinsam eine kurze Stunde herum, bevor es weitergeht: nämlich zu meiner Weihnachtsfeier, die besteht aus genau meiner Chefin, mir und dem Prinzen. Der Mann meiner Chefin, der Landwirt, ist spontan verhindert und so bleiben wir für das Tapas-Essen zu dritt. Besser so: Das Restaurant hat nämlich meine Bestellung versemmelt und uns einen Tisch reserviert statt Plätze an der Bar. Weil die Chefin aber zurzeit nur stehen und nicht sitzen kann, brauchen wir partout die Barplätze. Der Restaurant-Chef stellt sich ziemlich an, und ich muss vehement werden und frage einfach die anderen Gäste, ob sie ihre Barplätze mit unserem Tisch tauschen könnten. Die Gäste tauschen gern, der Restaurant-Chef bleibt mit verkniffenem Mund hinter seinem Tresen stehen und bellt noch heraus, dass wir aber wegen Platzmangels auf jeden Fall gehen müssen, sobald die vierte Person dazukommt. Früher hätte ich mich nicht getraut, mit dem Restaurant-Chef zu diskutieren und erst recht nicht, die anderen Gäste anzusprechen. Ich weiß nicht genau, warum es inzwischen anders ist, aber es fühlt sich viel besser an, für mich einzustehen und auch mal auf Konfrontation zu gehen anstatt zu kuschen. Beziehungsweise im Fall der anderen Gäste: In Kommunikation zu kommen, anstatt alles für gegeben zu nehmen.
Später gesellt sich noch die C. zu uns, die die Theaterkarte des Landwirts übernimmt und uns zur Weihnachtslesung des "Bergdoktor" begleitet; da sind wir mit Essen aber eh schon fertig und gehen eine Runde auf den Weihnachtsmarkt, wo ich mir eine große Naschtüte gebrannte Mandeln hole. Zum Bergdoktor gehen wir, weil die Chefin ihn so gerne im Fernsehen sieht; ich kannte ihn vorher gar nicht, stelle aber fest, dass der Herr Doktor eine große Fangemeinde hat. Unter anderem die Schwiegermutter und diverse Tanten des Prinzen, und eben auch die C. Und noch viele mehr: Das Theater ist fast voll. Das Publikum verehrt den Herrn Doktor vermutlich weniger als möglichen Partner, sondern als möglichen Schwiegersohn. Altersgemäß gibt es neben uns eine Dame, die beim Ausatmen regelmäßig mitbrummt: "Hmmm. Hrm. Hm-hm-hm." und bis zur Pause pfeift immer wieder ein Hörgerät laut los. Der Abend ist aber unerwartet gut: Besinnlich, lustig, nachdenklich, sehr interaktiv, der Herr Doktor kann wirklich gut mit Menschen.
Als wir nach dem Stück nach Hause gehen, ist es richtig kalt und der für heute Nacht angekündigte Eisregen fühlt sich ziemlich wahrscheinlich an.
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