Ich blieb, noch im Nachthemd, bei der J. und Mini-T. in der Küche hängen, bekam einen frischen Kaffee in die Hand gedrückt und fühlte mich sehr wohl mit den beiden. So ging der Tag dann weiter: Um die verbleibenden drei Stunden bis zu des Prinzen und meiner Abreiee auszunutzen, brachen wir relativ bald nach Friedrichshain zu einem wöchentlichen Flohmarkt auf. Der übrigens ganz toll war, aber ich fragte mich trotzdem, warum ich immer so wild auf Flohmärkte bin. Im Grunde sind die für mich nämlich einen ständige innere Zerrreissprobe: Ich möchte meinen Konsum reduzieren und lieber Dinge loswerden als weitere anschaffen, aber gleichzeitig treibt mich die Suche nach unglaublichen Schnäppchen und Glücksfunden doch sehr, und außerdem ist gebraucht kaufen doch immer besser als neu kaufen. (Trotzdem, immer noch am besten: gar nicht kaufen.) Heute erstand ich jedenfalls ein paar weiße Turnschuhe in Entenfußform, von denen ich zuerst begeistert, dann nicht mehr vollständig überzeugt war; bequem sind sie jedenfalls, sie werden mal eine Zeitlang ausprobiert und danach wird entschieden.
Der Prinz schob den Kinderwagen mit Mini-T. Und machte Sozialstudien, und siehe da: er wurde überall bereitwillig durchgelassen und musste auf dem Flohmarkt nicht ein einziges Mal ausweichen. Ansehen oder gar anprobieren musste er dank Schutzschild aus Kinderwagen+Kind auch nichts, darüber war er recht froh.
Toll am Konzept Großstadt ist ja unter anderem, dass es an jeder Ecke verlockende Restaurants gibt. Der vom N. favorisierte vegane Thai hatte noch zu, aber das arabische Fatoush hatte bereits offen und servierte uns leckere Bowls. Mini-T. war inzwischen auch wieder wach und zog lustige saure Gesichter beim Lutschen an einer Zitronenspalte - würden wir Erwachsene wahrscheinlich auch machen. Zur Ehrenrettung der J. und des N. sei gesagt: Er bekam auch noch anderes zu essen.
Auf dem Heimweg unterhielt ich mich mit der J. über Lebensmittelpunkte (Anmerkung beim Zweitlesen: es geht um Lebens-Mittelpunkte, nicht um Lebensmittel-Punkte :-), gewählte oder solche, die sich so ergeben, und um liebe Menschen an anderen Orten, zu denen man dadurch eine enge Beziehung hat. Genau wie ich hat die J. eine wichtige Patentante in München. Und dann kam der große Knaller: Dem Prinzen und mir wurde die Ehre angetragen, des Mini-T. Patentante und Patenonkel zu werden! Wie toll ist das denn! Ich kann mich immer noch gar nicht einkriegen vor Freude, schmiede schon 1000 Pläne und steige sofort mit ein ins Sorgenmachen um Dinge, die der Mini-T. in 14 Jahren anstellen und in die er hineingeraten könnte. Hoffentlich machst du das alles super und meisterst das Leben weiterhin so gut wie bisher, Mini-T.!
Schon um die Mittagszeit mussten der Prinz und ich los zum Zug. Die Zugfahrt verlief diesmal völlig ereignislos, zumindest die Fahrt an sich, während der Fahrt jedoch ereignete sich noch ein großer Ärger, als mir das Dokument, an dem ich zwei Stunden lang gearbeitet hatte, unwiederbringlich abstürzte. Dieses Jahr habe ich echt kein glückliches Händchen mit Speicherungen: Im Frühjahr die Festplatte des Laptops, jetzt ein Dokument, in dem mehrere intensive Arbeitsstunden steckten. Meh.
Da half dann nur noch ein ausführlicher Saunabesuch zuhause, um die Laune zu retten, und danach früh schlafengehen. Nach zwei sehr kurzen Nächten in Berlin muss ich morgen nämlich sehr früh raus.
Ein Tag zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, bei dem das Jauchzen aber deutlich überwiegt und auf jeden Fall nachhaltiger ist.
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