Ich versuche, bereits diese Woche gemeinsam mit J. aufzustehen oder zumindest aufzuwachen, um mich schon ein wenig an einen Erwerbsarbeitsrhythmus anzupassen. Denn kommenden Montag geht es auch bei mir wieder los.
Immerhin war ich früh genug aus dem Bett, um noch von J. einen Kaffee gemacht zu bekommen. Da für die nächsten Tage ein Wetterumschwung angesagt ist, nutzte ich zum Kaffeetrinken ganz bewusst die Terrasse und genoss sehr die morgendliche Kühle im Schatten und das schöne Sommerlicht. Auf dem Tisch stand dazu die wunderschöne Rose, die mir die C. zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern duftet noch dazu zart nach Rose. Duftende Rosen finde ich seit Jahren kaum mehr zu kaufen.
Beim Kaffeetrinken zupfelte ich an den Pflanzen herum. Die Wildbepflanzung entwickelt sich langsam, langsam in die Richtung, die ich mir vorstelle. Diesen Sommer waren alle Kübel grün und blühend, und zwar durchwegs mit Pflanzen, die sich entweder selbst dort angesät oder bereits mehrere Winter und pflegearme Monate überstanden haben. Ein sehr erfreulicher Nebeneffekt dieser Art Bepflanzung ist, dass Insekten heimische Pflanzen gerne mögen. Heute morgen kam ein Kohlweißling zu Besuch, der eine Blüte nach der anderen besuchte, danach eine Biene, die gar nicht genug bekommen konnte. Ach ja, die Meise war auch wieder kurz da (allerdings nicht wegen der Blumen, sondern wegen ihrer Hausbesichtigung. Scheint eine schwierige Entscheidung zu sein, ob sie einziehen will oder nicht.)
Nachdem ich genug geruht und genossen hatte, schloss ich eine Einheit Yoga an und bekam den Eindruck, dass sich dieser Tag für einen faulen Tag so richtig anbot. (Stimme aus dem Off: "Little did she know...")
Während all dieser frühmorgendlichen Aktivitäten schaute ich auch immer wieder aus dem Fenster den Baumpflegern zu, die die großen Bäume auf dem Nachbargrundstück von Totholz befreiten. Es ist spannend, wie die mit ihrer Kletterausrüstung in den Bäumen heruturnten, zum Teil auch waagrecht und kopfüber. Auf dem Foto ist ein Baumpfleger versteckt - Suchen aber sinnlos, denn das, was man sieht, ist so unscharf, dass man schon wissen muss, was man darin sehen will 😀.
Ich esse immer noch Reste vom Sonntagsfeste, da ich sie mir aber jeden Tag anders pimpe (heute den Nudelsalat mit zusätzlichem Blattsalat, Rucola, getrockneten Tomaten und ofengebackenem Feta), schmeckt es immer noch.
Irgendwann wollte ich dann mein Gravelbike fertig zusammenschrauben. Es war eine Fummelarbeit, aber: Tadaa, mein Rad ist wieder einsatzbereit! Der Mantel am Vorderrad in verkehrter Laufrichtung bleibt jetzt erstmal einfach so. Ein bisschen stolz bin ich ja schon, dass ich die knifflige Fahrradschrauberei diesmal ohne Hilfe und vor allem ohne Wutanfall bewältigt habe.
Die Baumpfleger mit ihren Motorsägen brachten mich auf die Idee, endlich unser Restholz im Keller in Angriff zu nehmen. Wir sammeln schon seit Jahren Paletten und altes Holz, das sich zum Heizen eignet. Richtig gesagt, sammelt sich das Holz eher von selber an. Irgendwann muss es halt noch zerkleinert werden, um in unseren Ofen zu passen. Das ist mit einigen Unannehmlichkeiten verbunden: Die Kettensäge finden, ausprobieren, ob sie noch funktioniert. Die Kettenblätter finden und einspannen. Einen freien Parkplatz im Hof haben, um dort diese dreckige Arbeit zu erledigen und einen Moment, in dem der Sägelärm die Nachbar:innen möglichst wenig stört... Plan war gewesen, mich im Lärm der Baumpfleger zu tarnen - leider fing ich erst im Anschluss an und verlängerte so den Sägelärm noch. Entschuldigung an die Nachbarschaft! Letzter Anstoß, das mit dem Holz anzugehen ist, dass unser Feuerholz für diesen Winter demnächst geliefert wird und Platz braucht und ich habe! wirklich! keine! Lust, die sackschweren Paletten zum x-ten Mal durch den Keller an einen anderen Platz zu schleppen.
Als J. von der Schule nach Hause kam, hatte ich gerade angefangen und er ließ sich netterweise dazu überreden, mit mir gemeinsam weitere zwei Stunden zu schleppen, hacken, sägen und schichten statt einen Mittagsschlaf zu halten. Der kleine L. "half" auch, bis ich ihm die Axt verbot, weil es mir zu wild und gefährlich wurde, was er damit anstellte.
Wir wurden gerade so fertig, bevor ich zum Lauftraining aufbrechen musste. Zum ersten Mal seit sechs Wochen wieder Laufen mit meiner Gurkentruppe! Ich habe mich sehr gefreut, die Recken wiederzusehen. Auch wenn mittlerweile das Training etwas unrund läuft, einer hat Herz, einer hat Achilles, einer hatte einen bösen Fahrradunfall... und trotzdem schafften wir eine Runde, die für alle zufriedenstellend war. Eben mit teilweise Abkürzungen oder Tempo rausnehmen. Oder auch Tempo reinnehmen: Als ich (irrtümlicherweise) 800 Meter vor Ziel behauptete, ein Pace unter 6:00 wäre noch drin, nahm das der R. als Aufforderung, nochmal so richtig anzuziehen. Ich gab alles, kam ihm aber nicht ganz hinterher, und alles umsonst: der Durchscnhitt war eh 6:20 gewesen 😂. Aber ganz umsonst ist nix - zahlt alles auf's Trainingskonto ein. Nach dem Training saßen wir noch lang im milden Sommerabend in der Wirtschaft. Da habe ich ein köstliches rumänischen Dessert kennengelernt: Papanasi. Merkenswert.
Und all diese unfaulen, eher fordernden Aufgaben und Ausflüge an einem ganz besonderen Tag, nämlich dem 11. Jubiläum des Kennenlernens von J. und mir 💗. Kennenlernen und zusammenkommen war bei uns damals eine Sache von ca. 4 Stunden und passierte beides vor der mythischen Schwalben- und Fledermaushöhle im thailändischen Dschungel. Seitdem kann ich jeden Tag aufs Neue mein Glück kaum fassen, dass ich ihn und die Liebe mich gefunden hat. Nach elf Jahren ist jeder Moment mit J. nicht nur genauso schön und aufregend wie zu Beginn, sondern sogar noch viel intensiver und von einem Urvertrauen geprägt, das mir Sicherheit für alles gibt. Sogar Holzmachen an unserem Jubiläumstag ist mit ihm ein Fest (auch wenn du das anders siehst, J. 😁).
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Daniel Glattauer: Die spürst du nicht. Eine prominente österreichische Familie nimmt in den Urlaub eine Bekannte der 14jährigen Tochter mit, ein somalisches Flüchtlingsmädchen, das im Pool des Ferienhauses ertrinkt. Im Buch geht es in der Folge des tragischen Unfalls um die Reaktion und den Umgang der Familienmitglieder auf und mit dem Ereignis. Dabei haben alle diese Reaktionen nichts mit Trauer über den Tod des Mädchens zu tun, sondern drehen sich um sich selbst und die Auswirkungen des "Ereignisses" auf ihr eigenes Leben.
Puh, was für ein heftiges Buch, das mich nachdenklich und ratlos zurücklässt. Die Beziehungen aller Personen im Buch sind verkorkst, sie alle sind hochgradig selbstreferentiell und dadurch ganz schön unsympathisch. Der Tod des Mädchens, das wir nicht näher kennenlernen, schwebt wie ein unsichtbarer Schatten über dem Buch, der von niemandem, auch dem Autor anfangs nicht, aufgegriffen oder reflektiert wird. Glattauer legt den Finger in die Wunde einer Gutmenschen- und trotzdem kapitalismusakzeptierenden Gesellschaft, die zwar benachteiligten Gruppen helfen will, aber bitte nicht, wenn dafür das eigene Leben irgendwie angegriffen werden muss. Das Streben nach einer guten Gesellschaft verwandelt sich in ein Streben nach dem eigenen guten Leben, denn, so könnte man zynisch sagen, "wenn jeder schaut, dass es ihm selber gut geht, dann geht es ja allen gut".
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