Montag, 15. Mai 2023

Sorrent-Punta Campanella-Monticchio

Gestern Abend hatte ich noch einen lustigen Abend mit den beiden Argentinierinnen in meinem Zimmer. Dabei habe ich erfahren, dass sie, seitdem sie in Italien sind, ständig abgezogen werden. Mir ging das hier noch gar nicht so. Selbst der überteuerte Wein, den die N. und ich in Florenz serviert bekamen, war tatsächlich der Hauswein; und hätten wir vorher in die Karte geschaut, hätten wir den Preis dort gesehen. An der Sprache kann dieser Unterschied eigentlich nicht liegen, denn ich schlage mich ja genauso wie die beiden auf espanglienisch durch. Es sind wohl eher gesellschaftliche Codes, die ich als Europäerin kenne und die für die beiden Südamerikanerinnen nicht so gut lesbar sind. 

Heute Nacht bin ich dann wieder mitten in der Nacht aufgewacht und konnte wegen der Lautschnarcherin nicht wieder einschlafen. Diesmal habe ich mich aber getraut, sie sanft an der Schulter zu rütteln und zu bitten, nicht mehr zu schnarchen. Das hat auch so lange funktioniert, bis ich selbst wieder eingeschlafen war und ich hoffe, dass sie sich heute im Wachzustand gar nicht mehr daran erinnert.

Um 8 Uhr bin ich zu meiner ersten Wanderetappe aufgebrochen, und zwar mit einem letzten Cappuccino und Cornetto bei Giovanni. Bzw. bei seiner Frau, die heute endlich auch aufgetaut ist und mit mir noch ein paar Sätze gewechselt hat. Meine Laune folgte heute sehr präzise dem Wetter: je mehr es regnete, desto grummeliger wurde ich. Je mehr es aber aufklarte, desto mehr hellte sich auch meine Stimmung auf. Dabei war die Wanderung zu großen Teilen auch im Regen wunderschön und erfüllte jedes Amalfi- Klischee: Zitronen- und Orangenbäume voller leuchtender Früchte,  überall Duft nach Orangenblüten und Kräutern und atemberaubende Blicke auf den Golf von Neapel und Salerno Den Blumen und Pflanzen tut der viele Regen sichtlich gut. Auf einer Schautafel las ich, dass die Sirenen aus der Odyssee hier beheimatet sind. Das passt gut zu diesem schönen Fleckchen. 

Da ich quasi eine 8 gelaufen bin, hatte ich an zwei Stellen die Möglichkeit, abzukürzen. An der zweiten Kreuzung habe ich kurz mit dem Gedanken gespielt und bin sehr froh, dass ich die letzte Schleife doch noch gelaufen bin. Dieser Teil war vorhersehbar der schönste der ganzen Wanderung, bot herrliche Ausblicke auf Capri und das Meer. Ich habe allerdings gar nicht erst versucht, Fotos zu machen, denn es war diesig und wolkenverhangen - schlechte Voraussetzungen für gute Fotos. 
Italien-Bemerknisse:
– das vorherrschende Automodell in dieser Gegend ist klein und alt. Die Straßen sind aber auch so eng, dass ich Fußgängerin trotzdem manchmal auf Mäuerchen klettern oder sonst wie ab von der Straße ausweichen musste, um ein Auto vorbei zu lassen.
– an vielen privaten Häusern oder mitten am Weg gibt es hier immer noch Nischen oder Stelen mit Heiligen oder Marienfiguren, die ganz offensichtlich gepflegt werden. Vor fast allen brennen Kerzen oder elektrische Lichter und stehen Blumen. 
- wie in Ligurien hängen hier große Sterbeanzeigen wie Plakate an den Wänden.

Wander-Bemerknisse: 
– ich bin ca. 1/3 schneller, als von komoot veranschlagt. Und das bei richtig schlechten Bedingungen. Das stimmt mich ganz positiv für meine Etappe morgen, denn aufgrund der Unterkunftsplanung musste ich da eine ganz schön lange Strecke einplanen.
– das Merino-T-Shirt ist wirklich genial. Selbst wenn es nass ist, fühlt es sich immer noch relativ trocken an. An und für sich hatte ich es wegen seiner geruchsneutralisierenden Eigenschaft mitgenommen, denn mit Regen hatte ich hier im Mai tatsächlich gar nicht gerechnet.
– weiter zum Thema "nicht mit Regen rechnen": die einzigen festen Schuhe, die ich dabei habe, sind nagelneue helle Laufschuhe. Die haben sich zwar in Florenz als Stadtschuhe ganz gut bewährt, haben aber gerade für glitschig-nasse Wege viel zu wenig Profil. Deswegen muss ich sehr sorgfältig treten, um nicht auszurutschen. Mein Physiotherapeut wäre begeistert. Außerdem sind sie natürlich auch bei nur Nieselregen nach 10 Minuten völlig durchnässt. Und hell sind sie nach dem Schlammtag heute auch nicht mehr 😉
- ich habe eine unendlich nützliche Zweitverwendung für meine Kopfhörer gefunden. So kann ich das Handy in einer regensicheren Tasche verstauen und höre die Navigationsansagen von komoot per Kopfhörer. Mit einer Wanderkarte oder einem Wanderführer aus Papier wäre ich bei dem Wetter heute tatsächlich aufgeschmissen gewesen.

In der Unterkunft holte ich dann erstmal Schlaf nach und beschäftigte mich dann damit, meine Klamotten möglichst trocken zu bekommen– mit Fön und Handtüchern. Wie schade, dass die Außenanlagen bei dem Wetter praktisch nicht nutzbar sind, denn die sind wirklich schön. In der bungaloweigenen Küche machte ich mir zum Abendessen eine riesige Schüssel voller Obstsalat, weil Lust auf Frisches und Vitamine.

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