In unserem schnuckeligen Apartment tief geschlafen, auch dank der Ohrstöpsel. Bin ja froh, dass ich damit gut zurechtkomme, denn Ohren kann man ja leider nicht zumachen wie die Augen... dann matschig-krank zu Regengeplätscher aufgewacht und mit dem Gedanken gespielt, heute einen Rekonvaleszenztag im Bett einzulegen. Aber die Symptome sitzen in der Kehle und werden, je mehr ich trinke, über den Tag besser. Das war schon gestern so und passierte auch heute wieder nach einigen morgendlichen Gläsern Wasser, und beim Blättern in den Reiseführern über Morgenkaffee packte mich doch die Lust, weiter durch Florenz zu bummeln.
Die N. lässt mich alle Pläne machen und kommt einfach mit, weil sie drei Tage länger hier bleibt als ich. Alles, was sie also zusätzlich machen will, kann sie in diesen restlichen Tagen tun und lässt mich bis dahin die Bestimmerin sein. Mein Wunsch heute waren viele Palazzi. Vorher deckten wir uns aber noch auf dem Mercato Sant'Ambrogio mit Früchten für das morgige Frühstück ein. Regenjacken reichten für den Weg völlig aus, wir brauchten gar keinen Schirm - auch später im Laufe des Tages zum Glück kaum noch. Im Markt am Krokettenstand habe ich dann wie so eine echte Touri keine Nummer gezogen und musste außer der Teihe bedient werden! Dabei kenne ich das System doch eigentlich aus Madrid zur Genüge.
Zuerst steuerten wir danach den Palazzo Davanzati an, auf den freute ich mich besonders. Der Palazzo ist ein Wohnhaus eines adligen Paares, das dort im 16./17. Jahrhundert lebte. In den Räumen und mit der Ausstattung kann man sich ihr Leben ziemlich plastisch vorstellen. Mir gefallen eh meist solche Sehenswürdigkeiten besser, die alltägliches Leben widerspiegeln, als reine Kunstausstellungen, und besonders liebe ich Kuriositäten. Das Highlight dieses Palazzos sind die Bäder, die zu den Schlafzimmern gehörten. Und man kann immer noch nachvollziehen, dass eine große Blechwanne, ein separates Loch mit einem Deckel drauf (=Klo) und eine mechanische Lüftungsklappe sich wie echter Luxus angefühlt haben müssen. Besonders, wenn der ganze Raum rundum mit Blümchen ausgemalt war.
Weil ich noch keinen Hunger hatte (!), gingen wir gleich im Anschluss in die Collezione Casamonti. Diese Privatsammlung moderner Kunst hängt ebenfalls in einem beeindruckenden Palazzo, und Alt und Neu passen dort ausgezeichnet zusammen. Außer der N. und mir waren nur noch ein weiteres Paar in der Ausstellung unterwegs. Übrigens war auch der Palazzo Davanzati angenehm leer gewesen. Das änderte sich jetzt, denn als nächstes gaben wir uns die Uffizien. Ich hatte nämlich immer noch keinen Hunger (!!). (Was war da los?). Wir hatten uns schon gestern einige Male mit Grausen durch die unglaublichen Menschenmassen vorm Eingang hindurch gedrückt. Weil mich alte Meister in Kombination mit vielen, vielen Menschen gar nicht so begeistern, wollten wir nur dann wirklich reingehen wenn es schnell und reibungslos liefe. Es ist kaum zu glauben, wie schlecht ein so riesiges, überlaufenes Museum organisiert sein kann und genauso wenig wundert es mich daher, dass alle Angestellten richtig schlecht gelaunt und unfreundlich sind. Die N. hat aber zum Glück einen Zauberausweis, mit dem wir an allen Schlangen vorbei direkt in die Uffizien marschiert sind. Dort haben wir uns zu Botticelli durchgefragt, hinter vielen, vielen Menschen gewartet, bis wir die Bilder ansehen konnten, schöne Botticelli-Bilder bestaunt und dann den Ausgang wiedergefunden. Und das war keineswegs so einfach, wie es sich anhört. (Die Uffizien sind übrigens einer der Punkte, die die N. ohne mich noch einmal nachholen wird. Kulturbanausität kann also nur mir vorgeworfen werden.)
Jetzt hatte ich endlich (!!!) Hunger und aß ganz ausgezeichnete Kartoffel-Ravioli in Salbeisoße. Überhaupt, die italienische Küche liefert richtig ab! Und ich war satt genug für die nächste Besichtigung. Die war nochmal ein richtiger Volltreffer, nämlich die Wohnung des Dichterpaares Elizabeth Barrett und Robert Browning. Die ist als englisches Landtrust-Eigentum auf Wunsch auch zu mieten, hat ganz skurrile Öffnungszeiten und ist so dezent angeschrieben, dass man sie, auch wenn man sie sucht, kaum findet. Sprich: man klingelt aufgrund eines winzigen Hinweisschildes an einer Klingel eines Privathauses und wird dann per Summknopf eingelassen. Vielleicht weil es so schwierig war, hineinzukommen, hat uns beiden diese intime Wohnung aus dem 19. Jahrhundert besonders gut gefallen. Ich möchte jetzt jedenfalls bald die Liebesgedichte von Frau Barrett lesen.
Die N. wusste aus früheren Urlauben, dass es in der Toskana zum Aperitivo üblicherweise leckere Snacks zum Knabbern gibt und deswegen suchten wir uns eine einladende Bar an der Piazza Santa Spiritu, um das Ende des Dauerregens abzuwarten und den Feierabend einzuläuten. Dort waren die Angestellten wahnsinnig freundlich und genauso langsam, aber wir hatten es ja nicht eilig. In der Auszeit hat man es ja nicht eilig :-) Und tatsächlich gab es unerhört viele Tapas (wie heißen die hier in Italien?), der Regen hörte irgendwann auf und für die Heimwanderung am Arno entlang brach sogar zum.ersten Mal heute die Sonne durch die Wolken.
Zuhause stellten wir dann noch fest, dass die N. insgesamt sogar einen Tag länger in Italien sein wird als ich, nur halt ganz woanders. Bisher dachten wir, sie begleitet mich am Beginn der großen Italienreise, und dabei ist es genau umgekehrt!
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