Freitag
Gestern hatte J. von früh morgens an Lehrerdinge zu tun und so hatte ich einen Vormittag für mich alleine. Ich nutzte ihn, um bis halb neun Uhr zu schlafen und mich dann durch die besten Cafés zu frühstücken, die wir bisher in Valletta gefunden hatten. Im Coffee Circus Lisboa war ein Draußenplatz in der Sonne frei, und ich hatte mir mein Pompei-Buch mitgenommen.
Zum dritten Kaffee (dem zweiten im Coffee Ciurcus) stieß J. dann zu mir. Ich hatte mir für den Nachmittag überlegt, zu den Dingli-Cliffs zu fahren, die eine der Hauptattraktionen von Malta sein sollen, und den Ausflug mit einer Wanderung aus komoot zu verbinden. Ausgangspunkt dafür war Mdina, die ehemalige Hauptstadt Maltas. Schon nach einigen hundert Metern stellten wir allerdings fest, dass der vorgeschlagene Wanderweg ziemlicher Schrott war: Er führte nämlich einfach an der Hauptstraße von Mdina nach Dingli entlang, auf der es keinen richtigen Fußweg gibt und die stark befahren ist. Dafür hätten wir nun auch einfach im Bus sitzenbleiben können! Holten wir dann nach, indem wir einfach in den nächsten vorbeifahrenden Bus einstiegen.
Bei den Dingli Cliffs war nicht besonders viel los, und das völlig zu Recht. Zwar hat man einen weiten Blick auf das Meer und den Horizont, aber die Klippen selber sind nichts so Besonderes. Da war „unsere“ Kletterhöhle in Ghar Lapsi vielfach schöner gewesen. Auch hier nutzt Malta das touristische Potential der Sehenswürdigkeit echt gar nicht aus: Es gab nur ein abgelegenes, wenig einladendes Schnellrestaurant, anstatt ein, zwei nette Läden mit Meerblick und einem ansprechenden Speisen- und Getränkeangebot. J. und ich hätten davon Gebrauch gemacht, denn inzwischen waren wir beide ziemlich hungrig (zum Frühstück hatte es ja nur ein mächtiges Muffin bzw. einen Bagel und ein Schokocroissant gegeben, ähem).
Zum Essen bot sich Mdina an, und zum ersten Mal auf der bisherigen Reise bin ich fast in ein Hangry-Loch gerutscht, bis wir endlich dort waren und ein passendes Restaurant gefunden hatten. Es gab auf dem ganzen Weg zurück nach Mdina keinen einzigen Supermarkt oder Kiosk mit Teilchen auf die Hand; das erste Restaurant, das ich ausgesucht hatte und das wir ansteuerten, hatte den Nachmittag wegen geschlossener Gesellschaft zu, das zweite hatte nur noch zehn Minuten auf und servierte keine Mahlzeiten mehr, das dritte hatte einen Stern und entsprechende Preise. Ich habe Glück, dass J. mit mir in solchen Momenten mittlerweile umzugehen weiß und mich subtil, aber entschlossen in ein weiteres Restaurant bugsierte, das sich dann als richtiger Glücksgriff herausstellte: Ein hübscher, ruhiger Platz, gutes und reichliches Essen, lebendig aber nicht stressig voll. Am Nebentisch wurde ein italienischer Junggesellinenabschied gefeiert, dessen Teilnehmerinnen alle aussahen wie aus der Modezeitschrift und die bis auf zwei Ausnahmen alle Wasser tranken (häh?). Spaß hatten sie trotzdem und waren eine gute Unterhaltung für uns während des Essens. Und ich hörte zum ersten Mal von dem Trend, Junggesellinenabschiede ohne Hochzeit zu feiern, auch wenn J. nicht wusste, wie bei solchen Veranstaltungen die angebliche „Braut“ wohl gekürt wird.
Wegen der Hangrygkeit war ich mit Scheuklappen und ohne
Links und Rechts zu gucken durch Mdina gesteuert. Jetzt, satt, konnte ich mich
auf die Stadt einlassen und war von ihr genauso entzückt wie J. Mdina ist wie
eine andere Welt im Vergleich zum restlichen Malta: innerhalb der römischen
Stadtmauern ist die ganze alte Stadt erhalten und – eine absolute Ausnahme hier
– verkehrsberuhigt bzw. fast autofrei. Noch dazu war der Tag nach einigen
dunkleren Wolken wieder strahlend schön geworden und das Sonnenlicht flutete
nur so durch die schmalen Gässchen und verlieh der ganzen Stadt ein
mediterranes Flair. Wir holten uns ein Eis (Joghurt-Zitrone ich, Mango-Pistazie
J.) und genossen es auf den Stufen der Stadtmauern. Dabei gab es wieder was zu
sehen, nämlich zwei Asiatinnen, die sich ebenfalls ein großes Eis holten, damit
vor den blühenden Bougainvilleen posierten, 10 Fotos schossen und das Eis dann
– ungegessen – in den nächsten Abfalleimer warfen. Malta ist sowieso sehr
verinstagramt, überall wird posiert und darauf gelauert, wann die besten Spots
endlich für das eigene Foto frei sind. Da habe ich dann einfach mal die schönen Ecken zusammen mit den schönen Menschen fotografiert 😉
Erst gegen Abend fuhren wir ins Hotel zurück. Heue ohne Abendessen, weil wir beide noch vom späten und reichlichen Mittagessen gut satt waren. Leider (für uns Gäst:innen) beherbergt das Bistro im Erdgeschoss unseres Hotels freitags und samstags Live-Musik – entgegen unserer Hoffnung war das Wetter gut genug, dass das Konzert gestern stattfand. Das Hotel liegt ja sehr ruhig, aber schallgedämmt ist es überhaupt nicht. Die Band hätte genauso auch direkt in unserem Schlafzimmer spielen können. Immerhin war es angenehme Musik, foxtrott-taugliche Sinatra- und Eagles-Stücke, sowas in dem Stil. Es war auch ganz niedlich, wie die Paare auf den Stufen der Straße vor dem Hotel tanzten, mehrere davon durchaus gekonnt. Trotzdem hätte ich ab 21:00 Uhr lieber geschlafen und legte mir schließlich entnervt eine Matratze in den Flur unserer „Suite“. Mit geschlossenen Türen, Ohrstöpseln und Podcastgemurmel neben mir gelang mir das Einschlafen dann irgendwann. Wäre ich nicht so müde gewesen, wäre die beste Strategie sicherlich gewesen, sich unten mit einem Cocktail dazuzusetzen und mitzumachen.
Apropos Getränke: In den letzten Tagen hatte ich immer wieder Ausschau nach der lokalen Limo "Kinnie" gehalten. Am letzten Tag auf Malta fanden wir endlich einen Kiosk, der Kinnie verkaufte und... Kinnie schmeckt für mich ähnlich wie Malta selbst: Von allem ein bisschen zu viel, sehr herb und insgesamt gewöhnungsbedürftig.
Samstag
Heute war der Tag dann von der Rückreise nach Hause geprägt. Wir packten so, dass J. ein großes, schweres Gepäckstück zum Aufgeben mit zum Flugzeug nahm und ich ein kleines, leichtes als Handgepäck. Vom Flughafen München aus würden wir nämlich getrennt weiterfahren, und es kam mir gelegen, wenn ich dort möglichst flexibel und schnell zum Zug kommen könnte.
Erst am Vorabend hatte ich noch einen kleinen Laden entdeckt, der lokale Kunst und Handwerk junger Küstler:innen und ziemlich coole Vintage-Mode verkauft. Wir hatten zwischen Check-out aus dem Hotel und Losfahrt Richtung Flughafen noch zwei Stunden Zeit und stöberten ausgiebig darin herum, hätten auch sehr gerne etwas als Andenken an Malta mitgenommen, aber leider passte nichts so richtig. Dabei bin ich seit gestern in Konsumierlaune! Das versuche ich immer auszunutzen, wenn es sich mal ergibt…
Am Flughafen war die Hölle los und der Flug schon Stunden vor Abflug als verspätet gemeldet. Immerhin: es blieb bei den angekündigten 40 Minuten Verspätung. Das Wetter war so gut wie bisher noch nie, so dass der Start völlig ruhig und ohne Windböen vonstatten ging. Die Reise vom Flughafen zum Hauptbahnhof München war dann aber eine richtige Odyssee. Erstmal ist man vom Terminal bis zum Bahnhof am Flughafen ewig unterwegs (geschätzte 15 Minuten zügig zu Fuß). Dann baut München ja seit 100 Jahren seine Stammstrecke aus und deswegen hält die eine der beiden S-Bahnen, die vom Flughafen kommen, sehr weiträumig nicht in der Innenstadt. Die andere S-Bahn, die ich zum Glück genommen hatte, fuhr dann aber nicht bis zu ihrer Endstation, sondern nur bis Moosach, wo es zwar - immerhin - einen U-Bahn-Anschluss gab, von wo aus ich aber weitere 2 Mal umsteigen musste, um zum Bahnhof zu kommen... über eineinhalb Stunden habe ich gebraucht, um vom Flughafen zum Münchner Hauptbahnhof zu kommen. Von wegen 10 Minuten!
J. hatte mit seinen Schülern eine andere Verbindung genommen und landete am Ende im selben Zug, nur ganz am anderen Ende. Wie so zwei Königskinder konnten wir nicht zusammenkommen, denn der Zug war teilweise so voll, dass man sich vor lauter Menschen und Koffern nicht zwischen den einzelnen Waggons bewegen konnte. Erst zuhause haben wir uns endlich wiedergetroffen. Da waren die Reisestrapazen dann aber gleich vergessen. Es ist so schön, wieder daheim zu sein 😊
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen