Montag, 10. Juni 2024

Flugschule

Dieser Montag begann aufregend. Und zwar für mich, aber noch viel mehr für die Meisenkinder, die heute von ihren Eltern aus dem Nistkasten gelockt wurden und fliegen lernen mussten. Ich hatte das große Glück, das aus nächster Nähe mitzuerleben, denn ich hatte heute einen Home-Office-Tag und stand gerade mit einer Tasse Kaffee in der Hand vor der Terrassentür, als ich anhaltendes und aufgeregter Gezwitscher hörte. Und da saß dann das erste Küken auf dem Terrassenboden und hüpfte ziemlich orientierungslos herum. Die Eltern flogen beide um den Nistkasten und lockten das zweite Küken, das den Kopf immer wieder herausstreckte, sich aber den Sprung ins Ungewisse lange nicht traute. Ich wartete, bis ich seinen ersten Flugversuch (eher einen Sturzflug) beobachten konnte, danach musste ich leider an den Schreibtisch. Wie wohl die Meiseneltern ihre Küken überreden, aus der gewohnten, sicheren Höhle herauszukommen? Wirklich reden können die ja nicht miteinander. Entweder sie lassen die Küken hungern, bis die aus reiner Verzweiflung zu ihren Eltern in die Welt hinaushopsen, oder sie haben einen Lockruf, dem die Küken intuitiv folgen und vertrauen.

Weil mir der Erwerbsarbeitstag schon zu Beginn ein wenig auf die Nerven ging, versuchte ich, ihn mit Sozialkontakten abzumildern. Am späten Vormittag brachte ich dem T. von unten eine Portion Salat, denn der war erst gestern spätnachts aus den Ferien gekommen und ich kalkulierte, dass er nichts zu essen im Haus haben würde. So war es auch, er freute sich über das Mittagessen und wir schwatzten ein Weilchen. Danach besuchte ich die C. in ihrer grünen Oase. Ihr Hinterhof ist so üppig eingewachsen, dass man sich vorkommt wie in einem Park. Überall blüht, duftet und zwitschert es. Einfach herrlich, wenn in einem Haus mehrere Nachbar:innen wohnen, die sich so aktiv um Bepflanzung kümmern (ich wäre in dem Fall ja eher eine Nutznießerin). Ich behelligte die C. mit Klagen zu meiner allgemeinen Lage, ließ mich von ihr mit Nußkranz trösten und drückte ihr im Gegenzug ganz doll die Daumen für das Wetter beim baldigen Urlaub in Südtirol.

 
Dann warteten mehrere Stunden Erwerbsarbeit auf mich, die ich tapfer hinter mich brachte. Immer wieder mit einem Blick auf die Terrasse, wo sich die Meisenschule vergnügte. Einmal setzte sich das eine Küken auf den (Gäste-)Aschenbecher und schien sich da recht wohl zu fühlen. Später am Nachmittag gab es ein kleines Drama, als ein Küken durch die offene Terrassentür versehentlich in unsere Wohnung hopste und sich verschreckt hinter dem Klavier versteckte. Nicht mal das Meisenelternteil konnte es hervorlocken, obwohl es sich ebenfalls in die Wohnung wagte und von der Nähe der Tür aus sang und zwitscherte. Der Prinz und ich bauten einen Fluchtkorridor aus Kissen, in den wir das Küken mit dem Clipstick hineinstupsten, und obwohl es einige Male versuchte, sich unter den Kissen zu verstecken, anstatt geradeaus zur Tür zu laufen, schaffte es den Weg zurück in die Freiheit. Meine Nerven! Danach saßen der Prinz und ich vor der (wieder geschlossenen) Terrassentür, bis wir sicher waren, dass die Meiseneltern das Küken immer noch fütterten und nicht wegen Menschenkontaktes verstoßen hatten. Alle Vogelaktivitäten den ganzen Tag lang begleitet durch sehr intensives Zwitschern. Die machen mir schon sehr viel Spaß, die wilden kleinen Dinosaurier da auf der Terrasse.

Ich versuche zur Zeit, einige Stunden hereinzuarbeiten, um die dann später im Jahr durch Urlaubstage wieder abzubauen. Es fiel mir nicht leicht, bis um sieben am Schreibtisch zu sitzen. Außerdem war danach der Tag schon so ziemlich rum - bis ich etwas zu essen gekocht und mich ausgeruht hatte, war es schon neun. Immerhin konnte ich zwischendrin einige Termine organisieren, Zahnarzt, Maler für den Aufzug, sowas; und die Nachbars-S. schickte mir die Dateien für das Gästebuch, das ich für die Feier nächste Woche zusammenstelle. Auch sie hatte sie zwar nicht komplett wiederherstellen können, aber zumindest großteils, und so kann ich hoffentlich mit wenig Aufwand etwas draus machen. Sicherheitshalber habe ich nochmal nachgefragt, wie viele Gäst:innen denn auf der Party erwartet werden und kippte fast aus den Latschen, als ich die Zahl erfuhr - etwa doppelt so viele wie ich erwartet hatte. Gut, dass ich das jetzt schon wusste und entsprechend viele Seiten zum Ausfüllen ausdrucken kann.

Als das alles getan war, hatte ich Lust auf ein bisschen Krafttraining. Der Prinz jubelte mir sein Fingertraining-Programm unter, das er mir schon lange ans Herz legt; es war tatsächlich fast durchhaltbar und gar nicht ganz so schrecklich, wie ich gedacht hatte. Außerdem stand der Prinz neben mir, coachte mich und ich glaube, er hätte die Übungen am liebsten selbst gemacht. Wäre nicht das Griffbrett von mir belegt gewesen! 

Heute habe ich mir in der Apotheke Antihistaminika besorgt, weil die Pollenallergie zwar nicht sehr stark ist, aber nun schon an die zwei Wochen dauert und ich es leid bin, dass alles ständig juckt und die Nase läuft. Die Tablette hatte ich um sechs genommen, kurz nach neun wurde ich ziemlich müde; ob das nun an der Tablette lag oder ganz normal an der Uhrzeit, weiß ich nicht. 


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