Auf dem Fahrrad auf dem Weg ins Büro war ich in Gedanken nochmal bei den vielen Begegnungen vom vergangenen Wochenende, als ich durch einen großen Raubvogel aufgeschreckt wurde, der nur knapp über meinem Kopf über den Weg sauste. Wahrscheinlich ein Bussard, jedenfalls beeindruckend.
Im Büro erwartete mich wie schon die vergangenen Wochen nur der volle Briefkasten und durstende Zimmerpflanzen. Ich bin momentan ja im Grunde ein lebendes Experiment für die Auswirkungen von Distanz-Arbeit, denn die Chefin ist nicht da, die überwiegende Zeit arbeite ich vom Home-Office aus und wenn ich ins Büro fahre, dann nur, um die leerstehenden Räume zu versorgen. Und das verändert was im Vergleich zum täglichen Vor-Ort-Arbeiten. Schon während der fast obligatorischen Home-Office-Wochen während Corona habe ich überrascht festgestellt, dass mir der Kontakt im Büro mehr fehlte, als ich gedacht hätte und ich doch gerne ca. 40 % meiner Arbeitszeit im Büro verbrachte. Jetzt, wo auch das Büro leer ist, zieht mich gar nichts mehr dorthin und ich fühle mich immer mehr wie eine Einzelkämpferin, obwohl ich das ja de facto genauso wenig bin wie zu den Zeiten, zu denen die Chefin mit mir im Büro arbeitet. Und das, obwohl wir viel schriftlichen und telefonischen Kontakt haben. Das Einzelkämpferinnentum fühlt sich nach mehr Verantwortung an, erlaubt mir aber auch mehr Eigenverantwortung. Heute zum Beispiel habe ich die Arbeitszeit am frühen Nachmittag abgebrochen, weil ich so leer im Kopf war, dass Weiterarbeiten einfach keinen Sinn mehr gehabt hätte. Ich fühlte mich wie krank, aber ohne Krankheitssymptome: ausgelaugt, kein fassbarer Gedanke im Kopf, lustlos.
Zuhause legte ich mich konsequenterweise denn auch zwei Stunden hin und schlief. Das kam mir zwar wie eine Verschwendung der freien Abendstunden vor, aber aufzubleiben und in dieser Verfassung weiter herumzuhängen wäre sicher noch mehr Verschwendung gewesen.
Ich habe die nächste Übungseinheit aus der Spagat-App der L.ieblingsnichte geturnt und in mir formt sich eine Vermutung: Kann es sein, dass hinter einem Spagat gar kein Geheimnis oder Superkräfte stecken, sondern einfach nur ein dauerhaftes, konsequentes Dehnen der richtigen Sehnen (? Muskeln?), so lange, bis beide Beine den Boden berühren können? Wie bei der "Ganzen Vorbeuge" im Yoga, die ich nun seit vier Jahren mache und bei der ich inzwischen die Handflächen auf den Boden lege, wo ich in den ersten Monaten nur die Fingerspitzen zum Boden brachte? Vielleicht bin ich da etwas Großem auf der Spur...
Abends fand ich Zeit für eine Einheit Krafttraining, die wenig Spaß machte, weil ich wenig Kraft hatte. Ich sehe da einen Zusammenhang, der mir als einzige Lösung nahelegt, mehr Krafttraining zu machen, so lange, bis wieder Kraft da ist und das Training auch wieder Spaß macht. Hm-hm. Seit etwa einer Woche spüre ich außerdem meinen Arm wieder, wo ich mir vor fünf Monaten den Bizeps gezerrt habe. Ich habe beschlossen, es niemandem zu erzählen, dann ist der latente Schmerz vielleicht nicht real und geht von alleine wieder weg.
So im Nachhinein betrachtet war der Abend nach der Nachmittagssiesta noch ziemlich produktiv, denn auch am Fotoalbum 2023 habe ich weitergearbeitet und mich sehr an den Fotos gefreut. Heute besonders an dem Shooting mit den Madrid-Mädels, dessen Ergebnisse ich zum ersten Mal auf dem großen Bildschirm angeschaut habe. Ich bin sehr froh, dass ich in den letzten Jahren wieder vermehrt daran denke, Bilder zu machen. Die Erinnerungen liebe ich später dann nämlich sehr.
Fürs Wäsche wegräumen und Wochenende-Auspacken hat die Produktivität nicht mehr gereicht. Allmählich strengt es mich ein wenig an, dass der Haushalt seit Wochen nur auf Minimalflamme nebenher laufen muss und wir gerade mal so den Status Quo aufrechterhalten können. Ich fordere mehr Zeit! Und mehr Schlaf!
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