Die Nacht im Bergdorf war unglaublich still gewesen. Der Prinz und ich schliefen richtig aus - Frühstück gab es eh erst ab neun. Wann brechen die Leute hier denn zum Klettern auf, fragte ich mich? Denn nach diesem eh schon späten Start in den Tag musste ich nach zwei Broten mit Tomate und Käse, einem gekochten Ei, einem Joghurt, einer Orange und zwei Milchkaffees erstmal eine Verdauungspause machen. Bis wir loskamen, war der halbe Vormittag schon rum.
Stellte sich heraus, dass wir trotzdem eher zu den frühen Besucher:innen der Wand gehörten. Ich wandelte auf Pfaden der Erinnerung an meinen ersten Kletterurlaub überhaupt, der vor zehn Jahren an genau dieser Wand stattgefunden hatte. Damals fand ich alles hier toll und war sehr gespannt auf meinen jetzigen Eindruck gewesen. Heute fand ich es noch viel toller. Eine unglaubliche Wand mit einem endlosen Blick über die Berge und Täler, an der der Prinz und ich wahrscheinlich auch in einem kompletten Kletterjahr noch nicht annähernd alles abgeklettert hätten. Sie ist riesig.
Und ganz anders als der Fels zuhause. Ich stieg übermütig gleich im Vorstieg in eine 6a+ ein (naja, viel Leichteres gab es auch nicht) und schaute mich gehörig um ob deren Schwierigkeit. Ziemlich kalt war es außerdem auch, es pfiff ein schneidiger Wind. Nach jedem Einstieg in die Wand stellten der Prinz und ich uns in die Sonne und ließen uns wieder aufwärmen.
Nachdem ich mit der Route fertig war, wanderten wir den Felsriegel entlang bis ans andere Ende, was um die 20 Minuten dauerte, so lang ist er. Die Route, in der ich mich versuchte, war angeblich auch eine 6a+, aber der Einstieg war dermaßen hart, dass ich schon vor dem ersten Haken alle Kraft verpulverte und den Rest nur noch mit Hängen (wörtlich) und Würgen (bildlich) schaffte. Ich prangere das an! Im Laufe des Tages war es obendrein so windig geworden, dass ich einmal ohne Übertreibung in einer Felsnische in der Wand abwartete, bis die Böe vorbei war, aus Angst, aus der Wand geweht zu werden. Auch der Prinz am anderen Ende des Seils konnte sich nur mit Mühe auf den Beinen halten. (Später lasen wir, dass Sturmböen mit bis zu 92 km/h gemeldet waren - das war wohl eine davon gewesen).
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