Freitag, 2. Februar 2024

DB-Abenteuer

Der Tag war dominiert von meiner Fahrt nach Köln, die mit der Deutschen Bahn stattfinden sollte, jede:r, der die Deutsche Bahn nutzt, weiß, dass das ein Unterfangen größeren Ausmaßes ist. So auch heute, es waren zur Abwechslung Streiks des ÖPNV angekündigt, außer in Bayern; schonmal gut, auch wenn ich den ÖPNV spät am Abend dann auch nochmal brauchen würde, um zur Prinzenschwester zu gelangen. Die bot mir eine Übernachtungsmöglichkeit für das Wochenende. Selbstverständlich verfolgte ich trotzdem die Live-Reiseauskunft der Bahn ab dem frühen Morgen, und wie zu erwarten war, waren für meine Strecke erst Verspätungen angesagt und später fiel die Verbindung ganz aus. Gerade noch rechtzeitig für mich, um eineinhalb Stunden früher zum Bahnhof zu kommen und eine frühere Verbindung zu nehmen, die für die Strecke zwar eine Stunde länger brauchte, aber immerhin fuhr. Ich kam mir vor wie eine Jägerin, die ihre Trophäe nach langer und mühsamer Jagd erfolgreich erlegt hat, als ich in de ICE stieg, einen Sitzplatz erwischte und der ICE sogar zur geplanten Uhrzeit abfuhr.

Zuvor am Morgen war ich mit Alter-Ego-K. zum Meditieren verabredet gewesen, und gerade weil sich so viel in mir anstaute, was noch bis zu meiner Abfahrt getan werden wollte (da wusste ich noch nicht einmal, dass die Abfahrt sehr viel früher als geplant stattfinden würde), hielt ich an dem Termin fest und freute mich darauf. Das Meditieren macht mir oft den Kopf so frei, dass sich danach alles wie von selber strukturiert. Wobei das, so wie ich es gelernt habe und praktiziere, nur ein Nebeneffekt des eigentlichen Zieles der Meditation ist, nämlich sich mit der Welt zu verbinden und Resonanz zu meiner Umwelt und allen anderen lebenden Wesen herzustellen. Das habe ich heute bewusst praktiziert, also eine Loving Kindness Meditation, dieses Level schaffe ich tatsächlich nur dann, wenn ich einigermaßen regelmäßig praktiziere. Heute war Alter-Ego-K. übrigens da, am Mittwoch hatte sie unseren Termin verschlafen und ich hatte alleine meditiert, so gesehen war das für mich von Vorteil gewesen, da ich heute durch die erst zwei Tage zurückliegende Praxis sehr viel besser reinkam.

Der Rest des Vormittags verging mit Emsigkeit, unter anderem dem Kauf von Schokolade als Mitbringsel für die Prinzenschwester, für die ich eine sehr dunkle Schokolade auswählte, denn sie machte die letzten Wochen eine Stoffwechseldiät, zu der der Verzicht auf Zucker gehört und hat sich daher wahrscheinlich schon den süßen Geschmack abgewöhnt. (Vorher hatte ich angefragt, ob denn süße Mitbringsel überhaupt willkommen seien und hatte aber von ihr ein großes OK bekommen). Der Prinz und ich haben den Januar über auch absichtlich weniger Süßes gegessen als normalerweise, und erst diese Woche habe ich enttäuscht festgestellt, dass eine der Auswirkungen davon ist, dass mir mein Liebingseis nicht mehr so gut schmeckt: Viel zu süß. Andererseits stelle ich auch wirklich fest, dass mein Zuckerjieper kleiner wird. Vor allem das dringende Bedürfnis, nach jedem Essen irgendetwas Süßes zu essen, verliert sich allmählich und das finde ich schon ganz gut, weil ich oft den herzhaften Geschmack auch nach dem Essen noch genieße und ihn mir durch Süßes kaputt mache.

Die Zeit im Zug verbrachte ich zuerst mit Erwerbsarbeit, dann mit Finanzpodcast hören, und das war eine gute Idee, denn es motivierte mich dazu, mein privates Haushaltsbuch für 2022 fertig nachzutragen (ich hänge damit ähnlich weit hinterher wie bis vor kurzem noch mit den gemeinsamen Haushaltsbüchern). In Frankfurt wurden dann allerdings Erinnerungen an die Zeiten des Deutschlandtickets wach, weil der Zug durch Ausfälle anderer Züge und generelles Chaos so voll war, dass er nicht weiterfahren konnte. Oder wollte. Ich hielt das Stehenbleiben zumindest teilweise für Schikane, denn wenige Züge, mit denen ich in den letzten Monaten gefahren war, waren entspannt leer gewesen - ich war immer wieder auch auf dem Boden und in den Türen gesessen. Und da waren sie trotzdem gefahren. Aber klar, heute ist ja mal wieder Streiktag, da kann man ja noch einen draufsetzen...

Die Stimmung war jedenfalls sehr angespannt, alle 15 Minuten forderten die Zugbegleiter:innen per Durchsage auf, auszusteigen und auf andere Züge zu warten, solange es so voll bleibe, werde man nicht weiterfahren; die Durchsage hörte ich sechs Mal... in Frankfurt Flughafen gab ich nach einer weiteren dreiviertel Stunde Stehens wegen Überfüllung meinen Sitzplatz auf und wechselte in einen anderen Zug Richtung Köln. 

Gerade schreibe ich an einem Artikel über Entscheidungen, und Streckenentscheidungen mit der Bahn sind ja wohl mit die herausforderndsten überhaupt, weil ich im Moment des Zugwechsel nicht wusste, ob der neue Zug a) mich reinlassen würde b) schneller als der alte wäre. Er war tatsächlich nicht sehr voll, es stiegen jedoch viele Menschen mit mir aus dem überfüllten, stehenden Zug mit ein und weil ich keine Lust auf Kampf um einen Sitzplatz hatte, setzte ich mich in die 1. Klasse, wo ich eben eingestiegen war und machte mich bereit, notfalls mit dem/der Zugbegleiter:in zu diskutieren. Aber Karmapunkte zahlten sich aus: Die Fahrgäste wurden einige Minuten später sogar aufgefordert, sich in die 1. Klasse zu setzen, um die Situation zu entspannen. Also schunkelte ich die restlichen zwei Stunden in der 1. Klasse nach Köln, zum ersten Mal überhaupt in meinem Leben 1. Klasse, das war doch recht komfortabel, und noch dazu über die schöne Strecke am Rhein entlang, weil - neues Feature der Bahn: Vandalismus auf der normalen ICE-Strecke Frankfurt-Köln, der die (schnelle aber dafür unschöne) direkte ICE-Strecke für den ganzen Tag lahmgelegt hatte. Ich konnte es mir nicht verkneifen, den Verlauf des anderen, meines ursprünglichen Zuges zu verfolgen und, ha!, gut entschieden: Er hielt an jeder einzelnen Station ewig und kam erst eine weitere Stunde später an als der, in dem ich saß. Ätsch für die, die stur sitzen- oder stehengeblieben waren. Insgesamt hatte ich also drei Stunden länger gebraucht als geplant und es fühlte sich noch nach Erfolg an, dass ich überhaupt durchgekommen war.

Weitere Öffi-Erfahrungen mit noch dazu streikendem ÖPNV ersparte ich mir und lief die 3 km bis zu meinem Seminar zu Fuß. Hatte eh Lust, mich zu bewegen.

So. Endlich angekommen bei dem, weswegen ich hier war: Seminar lösungsorientiertes Coaching, ich kam auf die Minute pünktlich und wir starteten gleich am ersten Abend drei Stunden lang voll los. Es war schon mal recht interessant und interaktiv, nicht viel wirklich Neues bisher, aber wissen und anwenden sind ja zwei paar Schuhe. Der Coach kann jedenfalls unglaublich gut Stille aushalten, das finde ich schon mal großartig; er macht eine Bemerkung und hält dann solange den Raum, bis irgendwer etwas sagt. Solange das auch dauert. Viele der anderen Teilnehmer:innen sind rechte Fangirls und -boys von ihm, sowas macht mich eher skeptisch, aber ich bleibe offen. Grundfähigkeit für Coaching ja eh, so kann ich üben.

Über die Weiterfahrt mit Notersatzverkehr in den Kölner Vorort, wo die Prinzenschwester wohnt, breite ich einen Mantel des Schweigens, ich war einfach nur froh und stolz, als ich endlich da war. Die Prinzenschwester war noch richtig wach, wesentlich wacher als ich, ein weiteres Familienmitglied kam sogar erst nach mir nach Hause und lud mich auf eine gemeinsame Abendsemmel ein, die einzige Tochter, die zuhause war, verzog sich bald ins Bett, denn sie müsse früh aufstehen. Um neun. Ich lachte angemessen, andererseits ist sie ein Teenager, das setzt das Ganze wieder in Relation.

Wir verbrachten einen vergnüglichen kurzen Abend und ich fiel nach diesem Abenteuertag wie ein Stein ins Gästebett.

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