Aufgestanden mit Wecker heute, denn es ging auf eine längere Radausfahrt und wir wollten so früh wie möglich loskommen, um die Hitze ein wenig zu vermeiden. (Erzählstimme: Es sollte ihnen nicht gelingen.) Also gab es den Morgenkaffee schon vor sieben Uhr, ich zwang mir ein halbwegs großes Müsli rein und der Prinz und ich machten die Räder bereit.
Der Prinz brauchte ein wenig länger als ich, ich fuhr mein Rad im Aufzug schon mal hinunter und holte noch eine Handvoll Paranüsse aus dem Van Norbert (meine perfekte Radverpflegung für unterwegs: Paranüsse und Datteln) und wartete dann vor der Haustür auf ihn. Und weil in der Erdgeschosswohnung das Fenster offen war und ich wusste, dass der T. von unten, der ein Frühaufsteher ist, momentan dort morgens immer das Sladko-Katerchen bespaßt, brüllte ich ein fröhliches "Guten Moooorgen!" ins offene Fenster. Nur, dass seit heute dort eine Kollegin der Nachbars-S. ihr Urlaubsquartier bezogen hat und diese senkrecht im Bett stand, als eine ihr fremde Frau sie morgens um acht durch das offene Fenster hindurch anschrie. Oje, war mir das unangenehm!
Der Prinz und ich radelten gemütlich nach Sporch, sammelten dort den V. und eine halbe Stunde später den R. ein, und dann ging es los Richtung Westen. Die Route hatte sich der V. ausgedacht, es waren viele neue Streckenabschnitte dabei, wobei das bei mir ziemlich egal ist, weil ich bis heute die Gegend im Kopf geografisch nicht zusammensetzen kann. Das klingt wahrscheinlich für meine Rad-Kollegen bisweilen wie Koketterie, dass ich selten ohne Navi weiß, wo wir "das letzte Mal" unterwegs waren oder wie wir von einer Ausfahrt wieder heimkommen, dabei würde ich mich wirklich gerne besser auskennen, weiß aber nicht, wie ich das anstellen soll. Wir fahren seit ungefähr vier Jahren regelmäßig in dieser Gegend, ich tracke mir die Routen mit und schaue sie im Nachhinein oft auf der Karte an, und trotzdem kenne ich zwar die meisten Namen der Dörfer, kann mich aber nicht selbständig orientieren.
Ich genoss die wunderschöne Landschaft, das geringe Verkehrsaufkommen und fühlte mich leicht und fit. Mittagspause machten wir um halb zwölf schon auf der Burg Colmberg, die mir ganz neu war und die sich als echte Ritterburg herausstellte, aber liebevoll und aufwändig als Hotel und Restaurant saniert. Schon hier war mir ein Platz im Schatten sehr wichtig, und das hätte mir einen Hinweis auf das geben können, was danach kam: Eine Wand aus Hitze. Sobald wir nämlich wieder aufbrachen, war es nur noch heiß, heiß, heiß. Noch dazu bestand die Strategie des R., seinen Kreislauf nach der ausgedehnten Mittagspause wieder in Schwung zu bringen, darin, von Anfang an ein scharfes Tempo zu fahren, und diese erste Stunde nach der Mittagspause machte mich so richtig kaputt. Ich versuchte sogar, nicht an den beiden Ausreißern dranzubleiben, denn ich weiß ja, dass ich aus der Kalten heraus nicht schnell fahren kann, wenn ich danach noch Spaß am Fahren haben will; aber es gelang mir nicht. Gleichzeitig wollte ich ja die Gruppe nicht auseinanderreißen, ach, ich tat mir schwer, wurde immer einsilbiger und hatte das Gefühl, jederzeit einen Hitzschlag bekommen zu können.
Andererseits: Half ja nix, wir waren am Umkehrpunkt der Route, eine sinnvolle Abkürzung gab es nicht und wir mussten ja wieder nach Hause. Also kämpfte ich mich von Steigung zu Steigung zu Supermarkt, wo wir die gekühlten Getränke noch im Markt tranken, denn beim ersten Schritt nach draußen hatte ich das Gefühl, wieder gegen eine Glutwand zu laufen. Ich beschloss schon bald, mir die letzten 15 Kilometer von Sporch nach Hause zu sparen und dort in den Zug einzusteigen; den Prinzen musste ich nicht lange überreden und als wir am Bahnhof ankamen, stand sowieso gerade der Zug bereit - einsteigen, hinsetzen, losfahren, yeah. Und der Zug war sogar klimatisiert! Der V. hätte uns gerne noch zu sich eingeladen und lockte mit Spaghetti mit Tomatensoße, Vanilleeis und selbstgemachter Brombeermarmelade, aber mein Bedürfnis nach einer kalten Dusche und "einfach nur hier sitzen" war stärker. Das nächste Mal, V.!
Zuhause schob ich eine Lasagne in den Ofen, die blitzschnell gemacht war, weil ich eine aufgetaute Tomatensoße vom Spaghettimontags-Vorrat dafür verwenden konnte. So schnell sie gemacht war, so schnell war sie gegessen - der Prinz und ich waren beide offensichtlich in der Kalorienschuld. Währenddessen schoben wir das Regal-Dings an seinen endgültigen Platz und, oh Wunder, es passte alles, nichts musste nachjustiert werden, die sorgfältige und langwierige Vorarbeit zahlte sich hier so richtig aus.
Danach wäre ich am liebsten den restlichen Abend vor dem neuen Küchenblock sitzengeblieben und hätte ihn verliebt angeschaut, aber ich hatte noch eine Abendverabredung: mit dem T. von unten zum Klavierspielen. Der stand pünktlich wie immer vor der Tür, lachte sehr über meine Geschichte, wie ich vermeintlich ihn, aber tatsächlich eine fremde Urlauberin aus dem Bett gegrüßt hatte, und war mit großer Konzentration beim vierhändigen Spielen dabei. Ich mag die Leidenschaft, mit der der T. sich im Erwachsenenalter seit ein paar Jahren das Klavierspielen beibringt und die Freude, die er dabei hat. Wir haben beide viel Spaß am Spielen gehabt, nach einer Stunde gingen uns aber die Noten aus und da wir uns sowieso übermorgen wieder zum Krimidinner treffen, schlossen wir den Abend damit und gingen zufrieden unserer Wege. Meiner führte mich direttissima ins Bett - heute mal wieder im Tobezimmer, denn auch die Nacht wird warm bleiben und dort ist es einfach ein paar Grad kühler als im Schlafzimmer.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen