Ich handwerkte in der Werkstatt an unserem Kochbuchregal-Projekt herum, Schritt heute: Schnittkanten an dem Furnierholz der Küchenverkleidung ausprobieren, damit die Seitenverkleidung möglichst perfekt geschnitten werden kann. Genau für solche, damals noch unklaren, Zwecke hatte ich mir die großen Reststücke, die den Küchenbauern beim Küchenaufbau übrig geblieben waren, gesichert und konnte nach Belieben ausprobieren. Stellte sich heraus, dass das Sägeblatt der Kreissäge auch schon mal schärfer gewesen war als jetzt, also packte ich die Kreissägeblätter und auch das Blatt der Kappsäge zusammen und fuhr zum Werkzeugschärfer. Das erinnerte mich sehr an unsere Wohnungsbauzeit, als auch die Hälfte der Arbeitszeit darin bestand, irgendetwas irgendwo hinzubringen oder zu besorgen: erst das Material, dann das Werkzeug; dann die Verschleißteile der Werkzeuge, dann Kleinzeug wie Schrauben, Lasuren und so. (Hartwachsöl. Hartwachsöl holte ich auf dem Weg auch gleich).
Weil ich heute ein wenig gereizt war, blieb ich im Baumarkt noch auf eine Topfentasche sitzen und las ein wenig in meinem Buch weiter, das sich glücklicherweise als E-Book auf dem Bücherei-Reader meines Handys befand. Machte mir gleich gute Laune.
Daheim dann: Essen kochen. So gefühlt beschäftige ich mich den halben Tag damit, Essen zu kaufen und zu kochen, gerade jetzt, wo der Prinz und ich beide freihaben und es keinen Grund gibt, woanders oder etwas anderes als selbst gekochtes Essen zu essen. Mir macht das durchaus Spaß und ich genieße das leckere Essen sehr, noch dazu habe ich einen Mit-Esser, der bei jedem Bissen begeistert jauchzt, da ist schon viel Wertschätzung zu spüren. Aber ich kann verstehen, dass jemand, die nicht gern kochte (Mama) und nicht gern aß (Mama), aber trotzdem jeden Tag zwei Gören sattbekommen musste, die aßen, wie Kinder nun mal essen (also schwierig), dass die diese Sisyphusarbeit "Kochen" irgendwann so richtig gehasst hat (auch Mama).
Weil ich so gern richtig mit am Kochbuchregal weiterbauen wollte, nahmen der Prinz und ich uns am Nachmittag gemeinsam zwei Stunden Zeit, um weiterzulamello-en. Es gibt da doch diesen Kajak-Effekt: Ich habe noch kein Paar getroffen, dass sich bei einem gemeinsamen Ausflug im Zweier-Kajak nicht in die Haare bekommen hätte (gut, ich habe auch noch mit keinem Paar gesprochen, dass sowas einigermaßen regelmäßig macht, ich nehme an, da muss man sich irgendwie zusammenraufen). Handwerken ist eigentlich dasselbe. Aber was uns nicht auseinanderbringt, schweißt uns stärker zusammen, und wir haben im Laufe der Zeit einen guten Umgang miteinander in der Werkstatt gefunden. Der Prinz fragt mich, ob er Verbesserungsvorschläge machen soll (und meint das auch so: Wenn ich nein sage, bekomme ich keine), ich halte meinen falschen Stolz in Schach, der auf der linken Schulter sitzt und mir ins Ohr flüstert: "KRITIK! Er will dich kritisieren! Das kannst du doch auch alleine!", und wir lachen beide darüber, dass wir scheinbar verschiedene Sprachen sprechen, wenn wir uns darüber zu einigen versuchen, wie wir den nächsten Schritt angehen. Nach den zwei Stunden waren wir noch immer verheiratet und ich ging zurück in die Küche, um - genau: zu kochen. Beziehungsweise zu backen, denn für morgen Abend erwarten wir Besuch, für den ich einen besonderen Nachtisch ausprobieren möchte, der 24 Stunden in den Kühlschrank muss. Was ich dabei heute herausgefunden habe: Der Kopf meines Zauberstabs, den ich nun seit annähernd acht Jahren besitze und mehr oder weniger täglich benutze, ist abschraubbar und spülmaschinengeeignet. Un-glaub-lich!
Manchmal sind auch die Dienstage in der Ferienzeit heilige Trainingsdienstage, nämlich immer dann, wenn ich zuhause bin, wie zum Beispiel heute. Ich freute mich, den R. und den Doc zu sehen und mir ihre bisherigen Sommergeschichten erzählen zu lassen. Ich habe seit kurzem eine verrückte Sport-Idee, die ich mit den beiden besprechen konnte, was zur Folge hatte, dass sehr viel verrücktere Sport-Geschichten ausgepackt wurden und wir beim 12 Kilometern in gemächlichem Tempo von Ultraläufen und Marathon-Bestzeiten unter 3 Stunden schwärmten. Reichlich verschwitzt kam ich nach Hause, allerdings eher von der hohen Luftfeuchtigkeit als von großer Hitze, und freute mich übermäßig über das eiskalte alkoholfreie Radler im Kühlschrank.
Beim Lauftraining ist noch eine Rennradverabredung für morgen herausgesprungen. Alles läuft wie gewünscht.
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Gelesen:
Nathan Hill: Wellness. Ein Paar, seit zwanzig Jahren verheiratet, seit noch längerer Zeit zusammen, ist an einem Punkt angelangt, an dem beide ihre Beziehung in Frage stellen. Der Roman begleitet Elizabeth und Jack dabei, wie sie sich ihr aktuelles Verhalten und das des/der Partner*in zu erklären versuchen. Dafür macht die Erzählung Ausflüge in die Vergangenheit der beiden, erzählt ausführlich von den sehr verschiedenen, aber in beiden Fällen unglücklichen, Kindheiten der Protagonist*innen, die in ganz unterschiedlich dysfunktionalen Elternhäusern aufgewachsen sind. Schlüssig und ohne plakativen Zeigefinger erklärt sich daraus, warum die beiden Menschen so geworden sind, wie sie sind, und warum sie jetzt beide so damit ringen, in ihrer Beziehung glücklich zu sein. Ich mochte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen, weil die Lebenswege beziehungsweise vor allem die innerliche Entwicklung der beiden Hauptfiguren so spannend war und ihre Gedanken und Entscheidungen so nachvollziehbar, auch oder gerade weil sie es sich an vielen Punkten selbst sehr schwer machten. Das Buch - ein ziemlich dicker Wälzer - eignete sich hervorragend als Ferienlektüre, weil ich viel Zeit hatte, immer weiter und weiterzulesen, und weil es interessant und nachdenklich war, aber nicht verstörend.
Gesehen:
Swan Song. Der Film begleitet den alten ehemaligen Friseur und Make-up-Artist (wie heißen Menschen, die andere Menschen zu "normalen" Gelegenheiten schminken?) dabei, wie er den posthumen Wunsch einer ehemaligen Kundin und Freundin erhält, sie für ihre Beerdigung schönzumachen, wie er sich dazu durchringt, diesen Wunsch zu erfüllen (oder nicht) und sich dafür aus dem Altenheim in die Kleinstadt aufmacht, wo er seine Triumphe und seinen Niedergang erlebte. Es ist ein Roadmovie, das fast nur der Hauptdarsteller Udo Kier trägt, der den schwul-exzentrischen Patrick so überzeugend gibt, dass ich selbst die langen Sequenzen, die ihn einfach nur dabei zeigen, wie er denkt, mitreißend fand. Der Film besteht aus vielen aneinandergereihten einzelnen Momenten, bei denen ich bei den meisten den Eindruck hatte, dass sie symbolisch für etwas stehen. Auch, weil sich Realität und Traum teilweise vermischen und nicht klar zu unterscheiden sind. Deswegen hat mir der Film nicht als Geschichte, sondern mehr als eine thematische Sammlung verschiedener Aspekte eines Themas - Altern, Schwulsein, Freundschaft - gefallen.
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