Um halb acht saßen wir auf unseren Rädern, die Sonne stand tief links von uns, wir fuhren an Bundesstraßen entlang, oft auf Radwegen, manchmal ohne. Ich machte mir Gedanken darüber, warum es so viel schöner ist, auf einem Radweg durch Natur zu fahren, als auf einem Radweg, der parallel an einer Autostraße entlangführt, durch die Natur zu fahren. Wenn es allen so geht wie mir, wären wir alle viel entspannter und besser drauf, wenn der Autoverkehr eingeschränkt würde.
Einer musste mal, einer hatte Hunger, eine wollte ein Foto machen.
Die Sonne stieg höher, wir fuhren weiter, es wurde grüner und, je weiter wir uns vom Münchner Einzugsgebiet entfernten, auch verkehrsärmer. Einer hatte einen Platten, einer hatte schon wieder Hunger. Ich bekam Nackenschmerzen von der Rennnradposition mit geducktem Kopf, das kannte ich aber, das geht normalerweise vorbei, wenn ich einfach weiterfahre, auch heute wurde es nach zwei Stunden besser.
Die Sonne stand vor uns, wir fuhren weiter, im Kurort Bad Wörishofen fanden wir auf Anhieb ein einladendes italienisches Restaurant, und obwohl wir das Personal mit unseren Sonderwünsche nervten - "Ein Tisch mit Blick auf die Fahrräder, bitte, unbedingt!" - bekamen wir hervorragende Penne Arrabiata und einen Espresso danach. Wir warteten im Restaurant das Regenfeld ab, das genau dann über uns niederging, als wir uns zum Essen hingesetzt hatten. Perfektes Timing!
Wir fuhren weiter, es wurde wieder trocken, plötzlich standen Berge am Horizont. Und wie immer, wenn ich die Berge sehe, strömte Glück durch mich hindurch. Ab hier wurde es schöner und schöner, und ab dem Forggensee kamen wir aus dem Schauen und Staunen kaum mehr heraus. Wir sahen Kühe, wir sahen Schafe, Störche und ein ganzes Feld voller Bussarde - das hatte ich vorher noch nie gesehen.
Vor Reutte musste ich einen Pflachen-Witz reißen, und dann kamen wir nach 156 Kilometern an unserer Pension an. Die war so viel netter als das Haus gestern, außerdem super ruhig mit Blick auf Berg und Burg.
Diese Etappe hatte mir bei der ursprünglichen Planung am meisten Respekt abverlangt, weil sie so lang war. Vom letzten Jahr wusste ich schon, dass ich Berge fahren kann; die Langstrecke übte ich dieses Jahr bewusst in den vielen RTFs, und die Fahrt heute war dann durchgehend angenehm und leicht zu bewältigen.
Mindestens genauso herausfordernd wie der sportliche Aspekt war das Soziale und Logistische: Wer sagt den Weg an, wie gleichmäßig fahren wir zusammen; bei den kurzen hässlichen Stücken an Bundesstraßen entlang nicht den Mut verlieren. Und ich hatte stark unterschätzt, wie viel langsamer wir auf dieser Mehrtagestour durch unbekanntes Gelände vorankommen als bei normalen Ausfahrten. Ich hatte eh schon nur moderate 25 km/h kalkuliert, aber wir sind sogar noch langsamer. Immer wieder an Ampeln stehen, Wege suchen, Pausen für die. Bedürfnisse dreier Menschen machen - das dauert. (Und zum Kuchen- und Tortenessen. Der Stopp lohnte sich aber richtig!).
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