Mittwoch, 28. Juni 2023

Sozialkater

Uff, das war eine intensive Woche. Während der fünf Wochen Reise alleine und "nur" mit J. habe ich festgestellt, dass mir meine Freund:innen doch sehr fehlen, wenn ich sie nicht regelmäßig sehe. Den fehlenden Kontakt habe ich in der vergangenen Woche mehr als aufgeholt, und jetzt brauche ich erstmal Ruhe 😀

Am vergangenen Freitag habe ich mich mit der S. und der T. gemeinsam im Stadtparkcafé getroffen. Das Wetter war gerade an diesem Tag eher kühl und sehr windig, so dass wir uns sogar in den Innenraum statt draußen setzten. Dort war es dann leider relativ laut, so dass wir nicht ganz ungestört reden konnten. Die S. und die T. haben sich mal bei mir kennengelernt und es freute mich sehr, dass wir wieder ein Treffen zu dritt zustande bekommen haben. Die beiden haben ziemlich viel berufliche Themen, über die sie sich austauschten, und ich hörte viel zu, ein wenig verblüfft darüber, dass sie beide mehr für ihre Jobs zu brennen scheinen, als sie einzeln mit mir ausdrücken. Die T. hatte mitbekommen, dass an diesem Tag der jährliche Flohmarkt in der Stadt beginnen würde und wir wollten uns später nochmal treffen und durch die Innenstadt bummeln. Aber - als ich nach dem Brunch heimkam, war ich so müde, dass ich mich erstmal aufs Sofa legte und mir danach die Sauna anschaltete, und danach war ich dann viel zu schlapp, um mich nochmal auf den Weg nach draußen zu machen.

J. war über das Wochenende zu einem spontanen Familienbesuch weggefahren und befeierte mit seinen Nifften Geburtstage und Abschlüsse, so dass ich den Abend alleine zuhause verbrachte und früh ins Bett ging.

Der Samstag war komplett für das 25jährige Abitreffen reserviert, das in Regensburg stattfand. Ich bin mit der D. zusammen gefahren, die in der Nachbarstadt wohnt und mit der ich mittlerweile seit 10 Jahren Streichquintett spiele. Sie ist die einzige aus der ehemaligen Klasse, mit der ich noch regelmäßigen Kontakt habe, und daher war das Treffen der anderen Menschen sehr spannend. Wir waren ein sehr kleiner Abijahrgang, nur ca. 45 Leute, und es waren über 30 zu dem Treffen gekommen! Meine anfängliche Sorge, niemanden zu erkennen und mich an überhaupt nichts zu erinnern, schwand zunehmend. Es war bei vielen nicht einfach, den- oder diejenige sofort wiederzuerkennen, aber sobald die Namen gesagt waren, war bei vielen sofort das Bild von früher wieder vor Augen. Und mit denen, bei denen es nicht klickte, hatte ich tatsächlich auch zu Schulzeiten schon wenig zu tun gehabt. 

Ich hatte einen sehr unterhaltsamen Tag und Abend und freute mich darüber, viele Frauen wiederzusehen, mit denen ich damals eng befreundet gewesen war. Gleichzeitig wirbelte das Treffen viele Erinnerungen auf, zu früheren Beziehungsgeflechten in der Klasse, Themen, die damals wichtig waren und über die man sich Sorgen machte, und Ereignisse, an die sich manche ganz deutlich erinnerten und andere nur vage. Ich fand es auch spannend zu sehen, dass sich viele in ihrer Persönlichkeit sehr treu geblieben sind. Selbst habe ich den Eindruck, dass ich mich stark verändert und entwickelt habe, seit ich 19 war - die Menschen, die mich am Samstag sahen, haben wahrscheinlich vor allem das an mir wiedererkannt, was auch vor 25 Jahren schon so war wie jetzt. Running gag waren den ganzen Abend über übrigens zwei Bananen, die ich mir noch während des Abendessens von einem nahegelegenen Marktstand besorgte und den ganzen restlichen Abend mit mir herumtrug. Die sollten mir als Verpflegung für den nächsten Tag dienen, erregten aber ringsum große Heiterkeit.

Ich hatte von der D. die Einladung bekommen, mit ihr in ihrem Elternhaus zu übernachten und war dort rundum versorgt worden mit Essen, Bett, Frühstück und Kaffee am nächsten Morgen. Obwohl wir ziemlich spät heimgekommen waren (erst um halb 1! Und noch dazu zu zweit auf einem Fahrrad, die D. im Reitersitzt hinten auf dem Gepäckträger - eben wie so richtige 18jährige), hatten wir uns den Wecker gestellt, um spätestens 8 Uhr aufzustehen. Beziehungsweise ich hatte ihn stellen wollen, war aber wohl schon so müde gewesen, dass ich die richtige Uhrzeit nicht mehr hinbekam und war deswegen sehr froh, dass die D. um 8 an meine Zimmertür klopfte. Ich hatte nämlich das Rennrad mit nach Regensburg genommen und wollte damit am Sonntag zurück nach Hause fahren, während die D. netterweise meine Kleidungssachen im Zug mit zurücknahm. 

Ich packte also meine Bananen, zwei Handvoll Nüsse und zwei Flaschen Wasser und machte mich um 9 auf den 145km langen Heimweg. Inzwischen komme ich mit dem Fahrradnavi zum Glück gut zurecht, so dass auch eine so lange unbekannte Strecke alleine gut zu bewältigen ist. Ich fuhr den Fünf-Flüsse-Radweg nördlich und rollerte durch sanfte Flusslandschaften, saftiges Grün und strahlenden, aber gerade noch nicht stechende Sonne in knapp sechs Stunden nach Hause. Der größte Vorteil am Alleinefahren: Ich konnte kompromisslos in meinem Wohlfühltempo fahren und bin dadurch sehr gut durchgekommen, ohne schlappzumachen. Der größte Nachteil: Wenn es hart wird, kann man sich weder in den Windschatten hängen noch durch Gespräche ablenken. Auf den letzten 20 Kilometern war ich dann doch überrascht, was mir alles durch Radfahren wehtun kann: Die Füße in den engen, harten Fahrradschuhen, alle Weichgewebe, die am Sattel reiben (das ist meine schlimmste Schmerzstelle) und natürlich der Schulter-Nackenbereich von der gesenkten Kopfposition. 

Zuhause war dann gerade Zeit zum Duschen und ein wenig Ausruhen, dann kamen schon ein befreundetes Paar aus Berlin mit ihrem frisch geschlüpften Baby an. Die drei hatten sich spontan kurz vorher angekündigt und blieben für einen dreitägigen Zwischenstopp nach dem Urlaub im Süden bei uns. Wir hatten uns das letzte Mal gesehen, bevor die J. wusste, dass sie schwanger ist und dementsprechend viel war in der Zwischenzeit passiert! Wir hatten uns ein ganzes Leben zu erzählen. Der kleine T. strahlte und gluckste dazu pausenlos und schien mit seiner ersten großen Reise höchst zufrieden zu sein. Leider war J. auf der Zugfahrt zurück aus dem Rheinland im Nirgendwo gestrandet, nachdem schon mehrere Züge ausgefallen, verspätet und ohne Klimaanlage gefahren waren... er hatte sein Gravelbike dabei und machte die letzten 60km per Rad und stieß erst später am Abend zu uns. Dafür durfte der N. alle seine Neuigkeiten nochmal erzählen, und es sind wirklich gute, erzählenswerte Neuigkeiten!

Am Montag musste ich dann relativ früh schon aus dem Haus, weil ich einen Termin bei der Hausverwaltung hatte und mich schon lange mit dem B. zu einem Mittagessen danach verabredet hatte. Das Mittagessen wandelten wir aufgrund der drückenden Hitze in einem Waldspaziergang um, auf dem ich von Heerscharen aggressiver Mücken zerstochen wurde. Dafür weiß ich jetzt, wo im Stadtwald die Blaubeerenfelder stehen. Vielleicht werde ich doch noch einmal sammeln gehen. Nachdem J. und ich nämlich im Frühling einmal Bärlauch gesammelt und gegessen und danach die ganze Nacht geglaubt hatten, dass wir uns durch Herbstzeitlose vergiftet haben, hatten wir beschlossen, eben einfach nichts mehr zu sammeln. Aaaaaaber wenn doch der ganze Wald blau schimmert...

Jedenfalls war es dann gar nicht so einfach, bei der Hitze einen guten Tagesplan mit Baby hinzubekommen. J. kam mit der kleinen Familie dann nach in den Wald, sie mussten den Weg aber mangels Babysitz für ein Fahrrad zu Fuß machen und kamen schon fix und alle am Waldrand an. Gut, dass wir zumindest einen windigen Picknickplatz am Wildschweingehege finden und uns für den Rückweg erholen konnten. Danach gingen wir noch in das Freibad, das so proppenvoll war, dass niemand einen ganz normalen Montagnachmittag unter der Woche vermutet hätte! 

Immerhin wurde es die Nächte über kühl genug, dass man wieder gut schlafen konnte. 

Trotzdem war ich den ganzen Dienstag über dann so müde, dass ich mich kaum zu etwas aufraffen konnte. Naja, außer mein Rollkästchen fertig zu lackieren - die vierte Schicht Lack ist endlich so, dass ich damit zufrieden bin. Am Abend ging ich dann auch nur deswegen zum Laufen, weil der Dienstagstermin eben heilig ist. Wäre ich nicht mit den anderen verabredet gewesen, wäre ich sicher nicht trainieren gegangen. Und - wenig überraschend - die Stunde Laufen tat richtig gut und hat sogar den Kopf ein wenig aufgeweckt. Anschließend hatte der B. zu einem Umtrunk bei sich im Garten eingeladen und wir verquatschten uns lange und schön. Ich fuhr zum ersten Mal seit Langem wieder erst bei Dunkelheit mit dem Rad heim. Der V. und der R., die mit mir in die Dolomiten zum Radfahren fahren, freuen sich schon richtig auf den Ausflug und haben bereits viele Pläne. Und der Termin rückt näher! Wahrscheinlich werde ich vorher nicht mehr viel zum Trainieren kommen.

Heute bin ich dann also mit richtigem Sozialkater aufgewacht. Das ist kein Zeichen dafür, dass ich die Kontakte nicht genossen hätte, sondern meistens eher im Gegenteil: Wenn ich so intensive Zeit mit Menschen verbracht habe, dass ich die vielen Eindrücke erst auch noch verarbeiten muss, dann brauche ich danach ein wenig Zeit für mich. Die habe ich mir heute genommen und mit J. an den Fronten meines Rollschränkchens weitergebastelt, bevor wir dann noch gemeinsam mit dem S. zum Klettern gefahren sind. War eine schöne Wand, gute Bedingungen, aber mit mir war heute gar nicht viel los: Ich bin an den meisten Touren grandios gescheitert. Immerhin ein Grund, noch einmal an diese schöne Wand zu gehen 😏

Abgehakt: Castellwand, Kärwazeit (7-)

Interessantes Projekt: Castellwand, Deutsch-Österreichischer Weg (7+)

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